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Beiträge und Entscheidungen/ Amtshaftungsrecht

Die Abwehr der sogenannten "Eisgefahr" beinhaltet nicht die Verpflichtung zur präventiven Räumung von Bachbetten (OLG München vom 29.03.2012)

Die Gemeinden trifft grundsätzlich keine Verpflichtung, Bachbette im Winter abzueisen und/oder von Schnee und Eis frei zu räumen.                                                              


Ansprechpartner: Dr. Georg Krafft, Partner

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Auf Grund eines strengen Winters hatten sich im Bachbett eines ausgebauten Wildbaches erhebliche Mengen von Schnee und Eis angesammelt. Bei dem Bach handelte es sich um einen typischen Wildbach im alpinen Gebiet, der von den umliegenden Bergen kommend durch den Ort in einen See abfloss. Kurz vor der Überschwemmung des klägerischen Anwesens stiegen die Temperaturen plötzlich an, einhergehend mit Tauwetter und starken Regenfällen. Aufgrund eines Schnee- und Eisstaus kam es zu einer Verlegung des Bachbetts; der Bach trat über die Ufer und floss über eine Straße in die Souterrainwohnung der Klägerin, wo er erhebliche Schäden anrichtete.
Die Klägerin wirft sowohl der beklagten Gemeinde als auch dem beklagten Land u.a. vor, sie hätten es versäumt, das Bachbett präventiv von Schnee und Eis frei zu räumen, um der Hochwassergefahr bei Tauwetter zu begegnen. Das beklagte Land sei hierzu unter dem Gesichtspunkt der Unterhaltungspflicht für den ausgebauten Wildbach und die beklagte Kommune unter dem Gesichtspunkt der Abwehr der sog. „Eisgefahr“ gem. Art. 66 Abs. 2 BayWG a.F. verpflichtet gewesen.
Das Oberlandesgericht teilte die Einschätzung der Klägerin nicht. Es sei weder dem Land noch der Gemeinde zumutbar, zugefrorene und verschneite Bachbette präventiv zu räumen. Eine solche Verpflichtung ergebe sich weder aus den einschlägigen DIN-Normen noch nach den Grundsätzen der Verkehrssicherungspflicht bzw. Gefahrenabwehr. Sie würde zudem die personellen und finanziellen Ressourcen der Kommunen überbeanspruchen.
Das Oberlandesgericht München hat die Revision nicht zugelassen.
Vertreter der Kommune: RA Dr. Georg Krafft


Fundstelle: Oberlandesgericht München, Urteil vom 29.03.2012 - 1 U 4219/10 (n.V.)