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Beiträge und Entscheidungen/ Amtshaftungsrecht

Kein Wertminderungsschaden eines Gebäudes bei unzureichender Dimensionierung der gemeindlichen Abwasserkanalisation (OLG Köln v. 06.09.2012)

Das OLG Köln hatte eine Haftung der beklagten Gemeinde nach Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 BGB i.V.m. Art 34 GG) bzw. aus einem auf dem Anschluss der Kläger an die gemeindliche Kanalisation beruhenden öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis zu prüfen. Die Gemeinde hatte die Abwasserkanalisation nicht ausreichend dimensioniert. Dadurch war ein Sachschaden eingetreten. Darüber hinaus machte der Anspruchsteller noch den merkantilen Minderwert am Gebäude geltend. Das Oberlandesgericht hat klargestellt, dass auch bei einer unzureichenden Dimensionierung der gemeindlichen Abwasserkanalisation ein abstrakter zukünftiger Wertminderungsschaden in Gestalt des merkantilen Minderwertes nicht vom Schutzzweck der Norm umfasst wird.
Ansprechpartner: Dr. Georg Krafft, PartnerEva-Maria Rönsberg, Fachanwältin für Verwaltungsrecht
Rechtlicher Kontext der Entscheidung: Bei der Planung und dem Betrieb einer Abwasserkanalisation wird die Gemeinde im Bereich der Daseinsvorsorge hoheitlich tätig. Die Sammlung und Beseitigung von Abwässern ist eine öffentliche Einrichtung und obliegt der Gemeinde als öffentlich-rechtliche Aufgabe.  

Für Fehler bei der Planung und dem Betrieb einer solchen Anlage haftet die Gemeinde gegenüber ihren Anschlussnehmern daher aus der anschlussbedingten Sonderverbindung sowie nach Amtshaftungsgrundsätzen, dies allerdings nur im Rahmen des auferlegten Pflichtenkreises. Denn es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Schadenszurechnung auch im Rahmen der Amtshaftung, sei es in ihrer deliktischen oder vertragsänlichen Ausprägung, durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird. Der Ersatzanspruch hängt dementsprechend davon ab, dass gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden sollte (BGH, Urteil vom 22.01.2009 - III ZR 197/08 = NJW 2009, 1207). Im Fall von Kanalisationsanlagen wird der Schutzzweck durch die Verpflichtung konkretisiert, alles zu unterlassen, was die Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage beeinträchtigen oder gefährden könnte, und zum anderen, alle Sicherungsvorkehrungen, und zwar auch bei der Planung, zur Abwehr etwa von der Anlage ausgehender Schäden zu treffen (BGH, Urteil vom 27.01.1983 - III ZR 70/81 = BeckRS 1983, 00468; BGH, Urteil vom 18.02.1999 - III ZR 272/96 = NVwZ 1999, 689).  

Um diese Pflichten geht es nach Meinung des OLG Köln es aber dort nicht, wo der Gemeinde vorgeworfen wird, durch eine nicht ausreichende Dimensionierung der Kanalisation eine Wertminderung des klägerischen Anwesens verursacht zu haben bzw. nicht durch eine ausreichende Dimensionierung der Kanalisation zu einer Wertverbesserung der Immobilie beigetragen zu haben. Denn hierbei handelt es sich nicht um Nachteile, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Pflicht dienen sollte. Die Klage wurde abgewiesen; die Revision nicht zugelassen.  

Dem Urteil des OLG Köln ist zuzustimmen. Allerdings ist zu beachten, dass es hier um den (zukünftigen) merkantilen Gebäudeminderwert ging, der allein daran anknüpfte, dass der Eigentümer mit einer unzureichend dimensionierten Kanalisationsanlage in seiner Nähe „leben“ muss. Der daraus resultierende Minderwert ist vom Schutzzweck der verletzten Norm nicht erfasst. Etwas anderes gilt aber für die Wertminderung aufgrund eines Wasserschadens am Gebäude durch die Kanalisation, wenn eine solche trotz Schadenbeseitigung am Gebäude verbleiben sollte (BGH, Urteil vom 18.02.1999 - III ZR 272/96 = NVwZ 1999, 689, 692).

Fundstelle: OLG Köln, Urteil vom 06.09.2012 - 7 U 18/12