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Beiträge und Entscheidungen/ Amtshaftungsrecht

Amtshaftung wegen Vertrauen auf rechtswidrigem Bauvorbescheid (BGH, Urt. v. 02.02.2017)

 

Der Kläger verlangte im hier besprochenen Fall Schadenersatz wegen des Erwerbs eines Grundstücks im Vertrauen auf einen von der beklagten Stadt erlassenen positiven Bauvorbescheid.

 

Sachverhalt:

Der Kläger beabsichtigte ein Grundstück im Gebiet der Beklagten zu erwerben und das darauf stehende, seit langem unbewohnte und stark sanierungsbedürftige Einfamilienhaus für eigene Wohnzwecke herzurichten. Vor dem Erwerb des Grundstücks beantragte der Kläger bei der Beklagten einen baurechtlichen Vorbescheid. Mit diesem bat er unter anderem zu klären, unter welchen Bedingungen der Umbau und die Erweiterung des Einfamilienhauses genehmigungsfähig und ob die verkehrsrechtliche und öffentliche Erschließung gesichert sei.

Die Beklagte erteilte einen die Genehmigung vorwegnehmenden Vorbescheid aus dem hervorging, dass das Wohnhaus als "erschlossen" gelte, der Kläger aber die verkehrliche Anbindung des Grundstücks an die öffentliche Straße sowie den erforderlichen Stellplatz nachzuweisen habe.

Der Kläger kaufte die Immobilie und stellte 2011 Antrag auf Verlängerung des Vorbescheids. Dieser wurde abgelehnt. Die Erschließung sei mit Blick auf den unzureichenden Ausbauzustand des Plangebiets nicht gesichert. Der Kläger machte nunmehr den Kaufpreis als Schadensersatz geltend.

 

Die Entscheidung des BGH:

Der BGH hat in der hier besprochenen Entscheidung festgestellt, dass die Gemeinde ihre Amtspflicht verletzt habe, eine dem geltenden Bauplanungsrecht entsprechende Entscheidung über die Bauvoranfrage des Klägers zu treffen und ihm so eine zuverlässige Vertrauensgrundlage für seine Dispositionen in Bezug auf den Ankauf und die künftige bauliche Nutzung des Grundstücks zu verschaffen. Denn die Beklagte hatte die Erschließung bejaht, obwohl diese tatsächlich nicht gesichert gewesen war. In einem solchen Fall stehe dem Bauherrn ein amtshaftungsrechtlicher Schadensersatzanspruch hinsichtlich der gutgläubig investierten Kaufpreiszahlung zu.

Ein Mitverschulden wegen unterlassener Stellung eines Bauantrags innerhalb der Geltungsdauer des Vorbescheids ist dem Bauherrn nach der Rechtsprechung des BGH nicht anzulasten. Denn es sei für das Bestehen des Amtshaftungsanspruchs unschädlich, dass der Kläger es in Unkenntnis der Rechtswidrigkeit des Vorbescheids unterlassen habe, während dessen dreijähriger Geltungsdauer einen Bauantrag zu stellen. Nutze der Bauherr einen ihm erteilten positiven Bauvorbescheid nicht rechtzeitig aus, übernehme er damit wirtschaftlich nicht das Risiko, dass dieser rechtswidrig ist und deshalb auch bei unveränderter Sach- und Rechtslage nach Ablauf seiner Geltungsdauer von der Behörde nicht verlängert werden werde. Ein Bauherr dürfe sich grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Bescheid rechtmäßig erlassen worden und damit verlängerungsfähig sei, solange ihm die Fehlerhaftigkeit unbekannt ist.


Ansprechpartner: Eva-Maria Rönsberg, Fachanwältin für Verwaltungsrecht

Fundstelle: BGH, Urteil v. 02.02.2017 - III ZR 41/16