Beiträge und Entscheidungen/ Amtshaftungsrecht
Bauunternehmer als geschützter Dritter (BGH, Urt. v. 26.04.2018)
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in seinem Urteil vom 26.04.2018 entschieden, dass eine dem Vertragspartner des von einer Amtspflicht primär Geschützten (hier: dem von dem Eigentümer beauftragten Generalunternehmer eines Bauvorhabens) gegebene Auskunft jedenfalls dann im Interesse des Auskunftsempfängers erteilt ist, wenn sich - ähnlich der Situation der Drittschadensliquidation - das (wirtschaftliche) Risiko der Falschauskunft vollständig auf ihn verlagert hat, während dem vorrangig geschützten Betroffenen der entsprechende Schaden nicht entsteht.
Zum Sachverhalt:
Im der Entscheidung zugrunde liegenden Fall, hatte die Bauherrin die von ihr beauftragte Generalunternehmerin aus dem mit ihr abgeschlossenen Werkvertrag wegen eines nicht abnahmefähigen Standorts eines Schornsteins gemäß §§ 633 ff. BGB erfolgreich in Anspruch genommen. Die Generalunternehmerin wiederum hat das beklagte Land aus eigenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz wegen einer unzutreffenden Auskunft im Hinblick auf den Standort des Schornsteins in Anspruch genommen und verlangt zudem die Feststellung einer Ersatzpflicht für künftige Schäden.
Zur Rechtslage:
Auskünfte, die ein Amtsträger erteilt, müssen dem Stand seiner Erkenntnismöglichkeit entsprechend sachgerecht, das heißt vollständig, richtig und unmissverständlich sein, so dass der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann . Für die Frage, ob die Auskunft den zu stellenden Anforderungen genügt, kommt es entscheidend darauf an, wie sie vom Empfänger aufgefasst wird und werden kann und welche Vorstellungen zu erwecken sie geeignet ist. Dabei hängt der Umfang der Auskunftspflicht auch vom Inhalt der Frage ab, die der Auskunftssuchende an die Behörde richtet. Eine amtliche Auskunft ist selbst dann richtig, klar, unmissverständlich und vollständig zu erteilen, wenn keine Pflicht zu ihrer Erteilung besteht oder der Beamte fachlich dafür nicht ausgebildet oder befugt ist (vgl. zu allem Rönsberg in Rotermund/Krafft, Kommunales Haftungsrecht, 5. Auflage, Rz. 906 ff. m.w..N.).
Im vorliegenden Fall stellte sich die Frage, ob die verletzte Auskunftspflicht nur der Bauherrin oder auch den Generalunternehmer gegenüber bestand, unabhängig davon, ob der Generalunternehmer bei dem Ortstermin, in welchen die fehlerhafte Auskunft erteilt wurde, im eigenen oder im Namen der Bauherrin aufgetreten ist.
Die Entscheidung des BGH:
Nach der Rechtsprechung des BGH besteht die Amtspflicht zur richtigen Auskunft gegenüber jedem Dritten, in dessen Interesse oder auf dessen Antrag sie erteilt wird. Jedoch ist nach der Rechtsprechung "Dritter" regelmäßig nicht derjenige, der nur aufgrund besonderer rechtsgeschäftlicher Abmachungen mit dem unmittelbar Verletzten von Nachwirkungen der Amtshandlung betroffen wird. Amtspflichten bestehen weiter nicht in Bezug auf Vertragspartner, denen gegenüber sich der Betroffene auf die Amtshandlung berufen hat (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.1958 – III ZR 123/57).
Der BGH hat in Erweiterung der vorstehend genannten Rechtsprechung im vorliegenden Fall entscheiden, dass eine dem Vertragspartner des nach diesen Grundsätzen primär Geschützten - wie hier der Klägerin als Generalunternehmerin - gegebene Auskunft jedoch jedenfalls dann im Interesse des Auskunftsempfängers erteilt ist, wenn sich - ähnlich der Situation der Drittschadensliquidation - das (wirtschaftliche) Risiko der Falschauskunft vollständig auf ihn verlagert hat, während dem vorrangig geschützten Betroffenen - das heißt vorliegend der Bauherrin als Grundstückseigentümerin - ein Schaden nicht entsteht.
Ansprechpartner: Eva-Maria Rönsberg, Fachanwältin für Verwaltungsrecht
Fundstelle: BGH, Urteil vom 26.04.2018 - III ZR 367/16