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Beiträge und Entscheidungen/ Amtshaftungsrecht

Kein Drittschutz bei unterbliebener Erfassung von Kulturdenkmalen in einer Liste (BGH v. 06.06.2013)

Im hier besprochenen Fall hat die Klägerin die Gemeinde und das Land aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Hintergrund war, dass das Bauordnungsamt der beklagten Gemeinde unter Hinweis auf die Denkmaleigenschaft des von der Klägerin erworbenen Gebäudes die sofortige Einstellung der Bauarbeiten verfügt hatte. Die Denkmaleigenschaft ihres Anwesens war der Klägerin nicht bekannt gewesen, da die Denkmalschutzbehörden der beklagten Stadt und des beklagten Landes es entgegen den Vorgaben in der Verwaltungsvorschrift für die Erfassung von Kulturdenkmalen versäumt hatten, die früheren Eigentümer des Anwesens von der Feststellung der Denkmaleigenschaft zu unterrichten und das Objekt in die Kulturdenkmalliste aufzunehmen. Klägerin hat behauptet, dass sie vom Kauf Abstand genommen oder einen niedrigeren Kaufpreis ausgehandelt hätte, wenn sie vor dem Erwerb des Grundstücks von der Denkmaleigenschaft des Gebäudes erfahren hätte.
Ansprechpartner: Eva-Maria Rönsberg, Fachanwältin für Verwaltungsrecht

 

Der BGH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die unterbliebene Beachtung von Verwaltungsvorschriften für die Erfassung von Kulturdenkmalen in einer Liste mangels Verletzung drittbezogener Amtspflichten keine Amtshaftungsansprüche späterer Erwerber gegen die Träger der Denkmalschutzbehörden begründet. Denn der Zweck der Eintragungen in die Denkmalliste müsse vornehmlich darin gesehen werden, einen wirksamen Denkmalschutz zu gewährleisten. Die zuständigen Behörden und die betroffenen Eigentümer sollen auf diese Weise verdeutlicht bekommen, dass es sich bei den erfassten Objekten um Kulturdenkmale handelt, die in Bezug auf ihre Erhaltung und die an ihnen durchzuführenden baulichen Maßnahmen in besonderer Weise Augenmerk und Schutz erfordern. Diese Eintragungen in der Kulturdenkmalliste habe aber daher nur eine deklaratorische und verdeutlichende Funktion und begründen insbesondere keinen öffentlichen Glauben daran, dass nur die darin erfassten Objekte die Denkmaleigenschaft besitzen. Maßgeblich für die Denkmaleigenschaft sei allein das Vorliegen der im einschlägigen Denkmalschutzgesetz beschriebenen Voraussetzungen.

 

Die Listeneintragungen und die im Verlauf des Eintragungsverfahrens vorzunehmenden Anhörungen und Benachrichtigungen der Objekteigentümer dienen auch nicht dem Interesse späterer Erwerber. Diese müssen in eigener Verantwortung überprüfen, ob die im einschlägigen Denkmalschutzgesetz genannten Voraussetzungen vorliegen und hiernach das Risiko besteht, dass es künftig durch behördliche Verfügungen zu Einschränkungen in der Nutzung oder Veränderung des Objekts kommen könnte.

 

Zudem führt der BGH an, dass dies den Erfordernissen der Individualisierbarkeit und Abgrenzbarkeit des Kreises der geschützten Personen widersprechen und zu einer uferlosen Ausweitung der Amtshaftung führen würde, wollte man zudem auch spätere Erwerber als einbezogene Dritte ansehen. Denn der Kreis von Personen, die künftig am Wert des betroffenen Grundstücks und den diesen beeinflussenden Faktoren interessiert sein könnten, ist von vornherein nicht absehbar.

 

Der Entscheidung des BGH ist aus unserer Sicht zuzustimmen. Allerdings ist zu beachten, dass die Eigentümer oder Erwerber eines Grundstücks die Möglichkeit haben, wenn sie über das Vorliegen der Voraussetzungen nach dem Denkmalschutzgesetz im Einzelfall im Zweifel sind, die Denkmalschutzbehörde vorab um Auskunft bitten, ob aus deren Sicht die Voraussetzungen eines Kulturdenkmals vorliegen. Werden hierauf Auskünfte erteilt, so müssen diese (unabhängig von der Eintragung in die Liste zur Erfassung von Kulturdenkmalen) zur Vermeidung von Amtshaftungsfolgen vollständig, richtig und unmissverständlich sein (vgl. hierzu ausführlich Rotermund/Krafft, Kommunales Haftungsrecht, 5. Auflage, Rz. 907 ff.).


Fundstelle:

BGH, Urteil vom 06.06.2013 - III ZR 196/12