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Amtshaftungsrecht

 Allgemeine Glätte als Voraussetzung der Räum- und Streupflicht - Auslegung einer Gemeindesatzung (BGH, Urt. v. 14.02.2017)

Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht wegen Verstoßes gegen winterliche Räum- und Streupflichten setzt entweder das Vorliegen einer allgemeinen Glätte voraus oder das Vorliegen von erkennbaren Anhaltspunkten für eine ernsthaft drohende Gefahr aufgrund vereinzelter Glättestellen.

Eine Gemeindesatzung über den Straßenreinigungs- und Winterdienst muss nach dem Grundsatz gesetzeskonformer Auslegung regelmäßig so verstanden werden, dass keine Leistungspflichten begründet werden, die über die Grenze der allgemeinen Verkehrssicherungspflichten hinausgehen.

Die Klägerin nahm die beklagten Hauseigentümer und Anlieger als Arbeitgeberin ihrer aufgrund von Glätte gestürzten Arbeitnehmerin in Anspruch. Die Räum- und Streupflicht für den streitgegenständlichen Gehweg, auf dem sich der Unfall ereignet hatte, war mit Satzung der Gemeinde auf die Anlieger übertragen worden. Auf diesem Gehweg soll sich zum Unfallzeitpunkt eine 1 x 1 m große, nicht gesicherte Glatteisfläche befunden haben, auf der die Geschädigte ausgerutscht sein soll.

Der BGH führte im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung aus, dass die Räum- und Streupflicht eine konkrete Gefahrenlage, also das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur einzelner Glättestellen, voraussetze. Lediglich eine einzelne Glättestelle im Ausmaß von 1 x 1 m stelle keine konkrete Gefahrenlage dar, auch wenn sich diese über fast die gesamte Breite des Gehwegs erstrecke.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der gemeindlichen Satzung. Eine Gemeindesatzung über den Straßenreinigungs- und Winterdienst müsse nach dem Grundsatz gesetzeskonformer Auslegung regelmäßig so verstanden werden, dass keine Leistungspflichten begründet werden, die über die Grenze der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit hinausgehen. In diesem Zusammenhang könne die Gemeinde auch keine Räum- und Streupflichten für Anlieger begründen, die über die Anforderungen der sie selbst treffenden (allgemeinen) Verkehrssicherungspflicht hinausgehen. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Gemeinde in § 3 ihrer Satzung die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflichten der Anlieger bei Schnee- und Eisglätte auf Grundlage der bestehenden Gesetzes- und Rechtslage lediglich konkretisieren, jedoch nicht erweitern wollte.

 

Ansprechpartner: Nicole Tassarek-Schröder

Fundstelle: BGH, Urteil vom 14.2.2017 – VI ZR 254/16 = NJW-RR 2017, 858