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Beiträge und Entscheidungen/ Amtshaftungsrecht

Keine starren Grenzen bei Niveauunterschieden auf Gehwegen - "Bordsteinkante" (OLG Saarbrücken, Urteil vom 26.11.2015)

Die Gefährdung des Fußgängerverkehrs durch Unebenheiten (hier: 13,5 cm) ist nicht nach starren Grenzen, sondern immer im Zusammenhang mit den konkreten Umständen der Örtlichkeit zu beurteilen.

Der Kläger behauptete, bei Dunkelheit aufgrund eines ihm auf einem Gehweg entgegenkommenden Radfahrers nach rechts bis an die Bordsteinkante des Gehwegs ausgewichen und dort an einem Ausbruch mit einer Tiefe von ca. 13,5 cm zu Sturz gekommen zu sein.

Das LG Saarbrücken hatte der Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers in Höhe von 60 % teilweise stattgegeben. Der hiergegen gerichteten Berufung der beklagten Kommune gab das OLG vollumfänglich statt und wies die Klage ab.

Zur Begründung führte das OLG aus, dass auch ein erheblicher Niveauunterschied von Fußgängern hinzunehmen ist, wenn die Schadstelle aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls als erkennbar und ohne weiteres beherrschbar einzustufen ist. Weder in Bezug auf die Höhenunterschiede noch in Bezug auf die Ausmaße im Übrigen darf allein auf die absoluten Messwerte abgestellt werden; vielmehr ist die hierdurch bedingte Gefährdung des Verkehrs immer im Zusammenhang mit den übrigen konkreten Umständen der Örtlichkeit, deren Verkehrsbedeutung, der Beleuchtungssituation, der genauen Lage der Schadstelle im Verkehrsweg und dessen Zustand im Übrigen zu sehen.

Aufgrund der Lage der Schadstelle an der Bordsteinkante und deren deutlicher Erkennbarkeit liege keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor. Die Benutzung der Bordsteinkante ist mit Blick auf die in jedem Fall zur Fahrbahn hin gegebene Höhendifferenz per se gefahrgeneigt, so dass von einem Fußgänger ein umso höheres Maß an Eigensorgfalt erwartet werden kann, um Übertritte oder ein Abrutschen von der Bordsteinkante zu vermeiden. Dies ist für jeden Benutzer eines Gehwegs offensichtlich. Entschließt er sich, die gesamte Breite eines Gehwegs auszunutzen, was ihm selbstverständlich zusteht, hat er besondere Vorsicht walten zu lassen. Das Vertrauen in die Sicherheit des Verkehrsweges beim Begehen einer Bordsteinkante verdient deutlich geringeren Schutz als im Bereich des übrigen Gehwegs.

Ansprechpartner: Nicole Tassarek-Schröder

Fundstelle: OLG Saarbrücken, Urteil vom 26.11.2015 - 4 U 110/14 = NJOZ 2016, 614