Beiträge und Entscheidungen/ Amtshaftungsrecht
Verkehrssicherungspflicht bei Bodenwelle auf Autobahn (LG Aachen v. 01.10.2015)Das Landgericht Aachen hat am 01.10.2015 entschieden, dass eine nahezu quer zur Fahrbahn verlaufende, bis zu 18 cm hohe Bodenwelle auf der Fahrspur einer Autobahn eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des beklagten Landes begründe.
Ansprechpartner: Nicole Tassarek-Schröder
Der Fahrzeugführer war mit dem klägerischen Fahrzeug, einem Ferrari Modena Spider, an der Bodenwelle verunfallt, als er diese mit einer Geschwindigkeit von etwa 200 km/h überfuhr. An der Bodenwelle hatte sich bereits einige Monate zuvor ein tödlicher Unfall ereignet. Ein Warnschild oder eine Geschwindigkeitsbegrenzung waren nicht vorhanden.
Das Landgericht
Aachen stellte in seiner Entscheidung eine Haftung des Beklagten Landes in Höhe
von 50 % fest. Zur Begründung führt das Landgericht aus, dass derartige
Bodenwellen, vor allem wenn sie einen „Sprungschanzeneffekt“ auslösen,
Verkehrsteilnehmer allgemein gefährden. Insbesondere die Kenntnis des
Verkehrssicherungspflichtigen von der Gefahrenquelle begründe eine strenge
behördliche Pflicht zur Warnung bzw. Geschwindigkeitsbegrenzung. Dies gelte
auch gegenüber Verkehrsteilnehmern mit Fahrzeugen, die nur eine geringe
Bodenfreiheit aufweisen, da die Verkehrssicherungspflicht gegenüber allen
zugelassenen Fahrzeugen gilt, die auf der Straße zu erwarten sind.
Allerdings müsse
sich der Kläger aufgrund der geringen Bodenfreiheit des Fahrzeugs sowie der deutlichen
Überschreitung der Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen eine erhöhte
Betriebsgefahr zurechnen lassen, die auch gegenüber Ansprüchen aus Verletzung
der Verkehrssicherungspflicht in Ansatz zu bringen ist.
Fundstelle: LG Aachen, Urteil v. 01.10.2015 - 12 O 87/15 = BeckRS 2015, 16581