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Beiträge und Entscheidungen/ Amtshaftungsrecht

Die Beschränkung der persönlichen Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit findet auf Private, auch wenn sie als Beliehene tätig werden, grundsätzlich keine Anwendung (BVerwG, Urteil vom 26.08.2010)

Art. 34 Satz 2 GG sieht eine Beschränkung der persönlichen Haftung eines Amtsträgers auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit vor. Art. 34 S. 1 und 2 GG lautet: „Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten.“

Ansprechpartner: Dr. Georg Krafft, Partner
Auch ein Beliehener handelt nach Art. 34 S. 1 GG als „jemand“ „in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes“, nämlich in Wahrnehmung der ihm übertragenen öffentlichen Aufgabe unter Einsatz hoheitlicher Befugnisse. Die Erstreckung auf Beliehene findet ihren Grund in der Erwägung, dass es für den Geschädigten keinen Unterschied machen dürfe, ob der Schaden durch hoheitliches Handeln eines öffentlichen Bediensteten oder eines beliehenen Privaten verursacht wird.

Obwohl die Anwendung des Art. 34 S. 1 GG auf Beliehene also bejaht wird, hat das Bundesverwaltungsgericht in der hier besprochenen Entscheidung die Anwendung des Art. 34 S. 2 GG auf Beliehene abgelehnt.

Denn der Haftungsbeschränkungliege ein anderer Zweck zugrunde. Durch die Beschränkung soll zum einen die Entschlussfreude des Amtsträgers gestärkt und damit die Effektivität des hoheitlichen Handelns gefördert, zum anderen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Bediensteten Rechnung getragen werden. Erst das Zusammentreffen der beiden vorgenannten Zwecke trage die Entscheidung des Verfassungsgebers, die Möglichkeit des Rückgriffs gegen den Amtsträger auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu beschränken.

Das aber schließe nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Ausdehnung der Vorschrift auf private Amtsträger aus. Denn es liege auf der Hand, dass jedenfalls der Gesichtspunkt der Fürsorge nur auf die eigenen Bediensteten des Staates (Beamten im staatsrechtlichen Sinne und Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst) anwendbar ist, nicht aber auf Private, auch wenn sie hoheitlich tätig werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof können jedoch sogenannte „unselbstständige Verwaltungshelfer“ in den Schutzbereich des Art. 34 S. 2 GG einbezogen sein, soweit ihnen gegenüber eine ähnliche Fürsorgepflicht wie gegenüber Bediensteten des Staates besteht. Dies ist beispielsweise anerkannt für beim Turnunterricht hilfeleistender Schüler oder Schülerlotsen (vgl. BGH, NJW 2005, 286).

Fundstelle: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26.08.2010 - 3 C 35.09
vgl. hierzu auch: BGH, Urteil vom 14.10.2004 - III ZR 169/04 = NJW 2005, 286 (BSE-Fall)