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Beiträge und Entscheidungen/ Amtshaftungsrecht

Erste "Wettmonopolentscheidung" zum Glücksspielstaatsvertrag (LG Deggendorf v. 08.05.2013)

Keine Ansprüche privater Wettvermittler auf Schadenersatz gegen die Kommune wegen einer noch fort geltenden Untersagungsverfügung.

Erstmals hat ein ordentliches Gericht die Ansprüche privater Wettvermittler auf Schadenersatz in Bayern wegen einer noch andauernden Untersagungsverfügung zurückgewiesen. Das Landgericht Deggendorf hatte zu entscheiden, ob der Klägerin, der die beklagte Kommune ihre private Wettvermittlungstätigkeit Ende April 2006 untersagt hatte, grundsätzlich Schadenersatzansprüche zustehen, und zwar vom Zeitpunkt des Erlasses bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im April 2013. Die Besonderheit des Falles lag darin, dass das Landgericht die Ansprüche der Klägerin, die nur einen Feststellungsantrag gestellt hatte, unter dem Regime unterschiedlicher gesetzlicher Grundlagen (Lotteriestaatsvertrag, Glücksspielstaatsvertrag 2008 und Glücksspieländerungsstaatsvertrag 2012 nebst Ausführungsgesetzen) zu beurteilen hatte.

Das Landgericht hat jedoch durchgängig sowohl einen gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch als auch einen nationalen Amtshaftungsanspruch verneint. Zum einen, weil ein offenkundiger Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht nach wie vor nicht gegeben sei (zu den Voraussetzungen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs vgl. näher Rotermund/Krafft, Kommunales Haftungsrecht, 5. Auflage 2013, Rz. 136ff) und zum anderen, weil der Erlass bzw. die Aufrechterhaltung der Untersagungsverfügung der beklagten Kommune aufgrund entsprechender Stellungnahmen von Fachbehörden (Innenministerium) nicht schuldhaft vorgeworfen werden könne. Außerdem war das Landgericht der Meinung, dass die Klägerin die andauernde Untersagungsverfügung mit Mitteln des Primärrechtsschutzes hätte angreifen müssen. 

Dieses Urteil ist insofern wichtig, weil damit über die Frage entschieden wurde, ob Schadenersatzansprüche unter der Geltung des Glücksspielstaatsvertrags bzw. seiner landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen wegen Aufrechterhaltung einer Untersagungsverfügung gegeben sein können. 

Auf derselben Linie wie das Landgericht Deggendorf liegen die vor kurzem ergangenen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.05.2013 zu dieser Thematik (z.B. Az.: 8 C 14.12), die im Volltext noch nicht veröffentlicht sind. Nach dieser Entscheidung sind Schadenersatzansprüche jedenfalls bis zum Inkrafttreten des Glücksspieländerungsvertrages am 01.07.2012 zu verneinen, was die Position der Anspruchsteller vor den Zivilgerichten nicht gerade stärkt. Ob damit das Kapitel „Wettmonopolfälle“ für die Kommunen und den Freistaat in schadenersatzrechtlicher Hinsicht endgültig abgeschlossen ist, bleibt jedoch abzuwarten. Das Verfahren, das vor dem Landgericht Deggendorf seinen Ausgang genommen hat, gilt als Musterprozess und ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Allerdings hat das OLG München die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren versagt (vgl. Beitrag im Rechtsforum)

Vertreter der Stadt: Dr. Georg Krafft, Partner

Fundstelle: Landgericht Deggendorf vom 08.05.2013 - 21 O 669/09