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Beiträge und Entscheidungen/ Amtshaftungsrecht

Innenhaftung eines ehrenamtlich tätigen Zweckverbandsvorsitzenden (BGH, Urt. v. 02.03.2017)

 

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs behandelt in seinem Urteil vom 02.03.2017 die Haftung eines ehrenamtlichen Vorsitzenden eines Zweckverbandes.

 

Zum Sachverhalt:

Die Parteien des hier besprochenen Falls stritten über Schadensersatzansprüche wegen der Klägerin entgangener Zahlungen nach dem "Gesetz über den Finanzausgleich". Die Klägerin bildet gemeinsam mit der benachbarten beklagten Gemeinde einen Schulzweckverband. Der Bürgermeister einer der beiden Gemeinden war ehrenamtlicher Verbandsvorsitzender. In dieser Funktion füllte er einen Erhebungsbogen versehentlich fehlerhaft aus, sodass die klagende Gemeinde geringere finanzielle Zuweisungen des Landes erhielt. Die Gemeinde verklagt (aus abgetretenem Recht des Zweckverbandes) nunmehr den Bürgermeister sowie aus eigenem Recht den Zweckverband auf Schadensersatz.

 

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Nach § 48 S. 1 BeamtStG haftet ein Beamter, der vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihm obliegenden Pflichten verletzt, dem Dienstherrn, dessen Aufgaben er wahrgenommen hat, für den daraus entstandenen Schaden.

Der Vorsitzende eines Zweckverbands ist in Sachsen - anders als in einigen anderen Bundesländern - in dieser Funktion allerdings kein Beamter. Er ist ehrenamtlich tätig (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SächsKomZG) und gehört nicht zu den kommunalen Wahlbeamten (§ 158 SächsBG a.F., § 145 SächsBG n.F.). Dass der Beklagte als damaliger Bürgermeister der Mitgliedsgemeinde L. kommunaler Wahlbeamter war, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Denn § 48 S. 1 BeamtStG setzt das Bestehen eines Beamtenverhältnisses zwischen den Beteiligten voraus. Für den Zweckverband ist der beklagte Bürgermeister aber nur ehrenamtlich und nicht als Beamter tätig geworden.

Zwischen einem  Schulzweckverband und seinen Mitgliedsgemeinden besteht - in Ermangelung gesetzlicher Vorschriften - somit nur  ein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis, auf das die Regelungen über zivilrechtliche Schuldverhältnisse in § 280 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung§ 276 Abs. 1 S. 1, § 278 Abs. 1 BGB entsprechende Anwendung finden.

Zum Haftungsmaßstab des §§ 276 BGB führt der III. Zivilsenat aus:

„Der Beschränkung der beamtenrechtlichen Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit liegt zudem ein doppelter - auch hier im Verhältnis der Beklagten einschlägiger - Zweck zugrunde. Zum einen soll die Entschlussfreude des Amtsträgers gestärkt und damit die Effektivität und Schnelligkeit des Staatshandelns gefördert werden. Zum anderen wird dadurch der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Bediensteten Rechnung getragen (vgl. nur Senat, Urteil vom 14. Oktober 2004 - III ZR 169/04, BGHZ 161, 6, 13 und BVerwG, NVwZ 2011, 368 Rn. 22 [BVerwG 26.08.2010 - BVerwG 3 C 35.09], jeweils zu Art. 34 Satz 2 GG; siehe auch Reich, Beamtenstatusgesetz, 2. Aufl., § 48 Rn. 2 f). Die entsprechenden beamtenrechtlichen Regelungen stellen insoweit eine ausgewogene Risikoverteilung dar (vgl. nur BVerwG, DÖD 1981, 159 [BVerwG 18.02.1981 - BVerwG 2 B 4/80] zu § 86 LBG a.F. Rheinland-Pfalz). Diese Gesichtspunkte lassen sich auch auf das vergleichbare öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis zwischen einem Zweckverband und dessen (ehrenamtlichem) Vorsitzenden übertragen, wie nicht zuletzt auch der Umstand zeigt, dass in einer Reihe von anderen Bundesländern (s.o.) dieser Haftungsmaßstab allgemein auf ehrenamtliche öffentliche Tätigkeiten angewandt wird."


Ansprechpartner: Eva-Maria Rönsberg, Fachanwältin für Verwaltungsrecht


Fundstelle: BGH, Urteil vom 02.03.2017 - III ZR 271/15