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Beiträge und Entscheidungen/ Amtshaftungsrecht

Keine Haftung der Kommunen in Wettmonopolfällen (OLG München, Beschluss vom 13.08.2010)

Das Oberlandesgericht München hat in seinem Beschluss vom 13.08.2010 (Az: 1 W 1822/09) Ansprüche von gewerblichen Wettvermittlern auf Schadensersatz aus dem eroparechtlichen und nationalen Staatshaftungsanspruch gegen eine Kommune verneint und damit die Entscheidungen der Vorinstanz (Landgericht München I - 15 O 23548/08) bestätigt.


Ansprechpartner: Dr. Georg Krafft, Partner

In diesem Verfahren hatte das Oberlandesgericht München nicht über die Schadensersatzansprüche wegen einer kommunalen Schließungsverfügung auf Grundlage des staatlichen Wettmonopols zu entscheiden. Gegenstand des Verfahrens war vielmehr die Frage, ob die Kommune einem privaten Wettvermittler die gewerberechtliche Zulassung zur Vermittlung von Sportwetten zu Recht verweigern durfte bzw. die rechtswidrige Versagung Kompensationsansprüche aus dem europarechtlichen bzw. nationalen Staatshaftungsrecht auslöst. Die dabei zu klärenden rechtlichen Probleme sind jedoch mit denjenigen im Kontext der Schließungsverfügungen letztlich identisch.
In seiner Entscheidung führt der Senat zutreffend aus, dass der nationale Staatshaftungsanspruch schon am fehlenden Verschulden der Kommune scheitern würde. Nachdem diverse Kollegialgerichte die Rechtmäßigkeit des Verhaltens der Stadt bestätigt hätten, sei der Kommune kein subjektiver Vorwurf zu machen. Ein europarechtlicher Staatshaftungsanspruch sei deshalb nicht gegeben, weil der Senat keinen qualifizierten Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht feststellen könne. Auch würden keine Ansprüche aus dem Rechtsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs bestehen.
Der Entscheidung des Oberlandesgerichts München ist uneingeschränkt zuzustimmen. Daran ändern auch die neueren Entscheidungen des EuGH vom 08.09.2010 nichts (vgl. Rs C-46/08, C-316/07, C-358/07, C-360/07, C-409/07, C-410/07 und C-409/06), denn Tatbestandsvoraussetzung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs ist u.a. ein „offenkundiger“ Verstoß gegen Unionsrecht (so auchUrteil des LG PassauundUrteil des OLG München, jeweils im Rechtsforum).
Angesichts der Komplexität der Rechtslage und der Vielfalt der dazu vertretenen Meinungen und Entscheidungen scheidet jedenfalls bis zum 08.09.2010 ein offenkundiger Verstoß der Kommunen bei Erlass der Schließungsverfügungen etc. gegen Gemeinschaftsrecht aus.
Wie sich die Rechtslage nach den Entscheidungen des EuGH darstellt bzw. ob und inwieweit Schließungsverfügungen aufrecht erhalten oder neu erlassen werden können, wird von der Rechtsprechung zu klären sein. Tatsache ist jedoch, dass der EuGH in seiner Entscheidung „Stoß“ (Rs C-316/07) und den damit verbundenen Rechtssachen festgestellt hat, dass eine europarechtliche Legalisierungswirkung einer in einem Mitgliedsstaat erteilten Erlaubnis für das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaats nicht existiert. Werden demnach Sportwetten ohne Erlaubnis vermittelt, ist diese Vermittlungstätigkeit jedenfalls formell illegal.
Ob schon die formelle Illegalität aus Gründen der Verhältnismäßigkeit für eine Schließungsverfügung bzw. Nutzungsuntersagung ausreicht, wird von den Verwaltungsgerichten noch zu klären sein. Erste Stimmen in der Literatur warnen jedoch vor einem Einschreiten der Kommunen gegen private Wettanbieter nach Klärung der Rechtslage durch den EuGH (vgl. Streinz NJW 2010, 3745, 3750).
Anwaltlicher Vertreter der Stadt:RA Dr. Georg Krafft


Fundstelle: Oberlandesgericht München, Beschluss vom 13.08.2010 -  1 W 1822/09, Vorinstanz: Landgericht München I - 15 O 23548/08