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Beiträge und Entscheidungen/ Amtshaftungsrecht

Vorprozessuale mündliche Zusage einer Haftungsübernahme durch den Bürgermeister einer Gemeinde ist kein Anerkenntnis im juristischen Sinne

Der hiesige Kläger, dessen Tochter mit seinem Fahrzeug über eine neben der Fahrbahn neu errichtete Bordsteinkante und sodann in eine baustellenbedingte Vertiefung gefahren war, wodurch Schäden an dem Fahrzeug verursacht wurden, nahm die beklagte Gemeinde unter anderem wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Anspruch. Seine vermeintlichen Ansprüche stützte der Kläger zudem auf ein behauptetes mündliches Anerkenntnis durch den Bürgermeister der Gemeinde.

Das OLG München hat hierzu mit Beschluss vom 27.05.2011 (1 U 1209/11) ausgeführt, dass eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht schon wegen der deutlichen Erkennbarkeit der Bordsteine nicht vorliege.

Soweit der Kläger seine Ansprüche auf ein vermeintliches Anerkenntnis des Bürgermeisters der Gemeinde stütze, liege ein solcher Anspruch nicht vor. Unabhängig von der Frage, ob die Erklärungen des Bürgermeisters rechtlich als Schuldanerkenntnis qualifiziert werden könnten, vermögen sie keine Haftung der Gemeinde zu begründen. Gemäß Art. 38 Abs. 2 S. 1 BayGO bedürfen Erklärungen, durch welche eine Gemeinde verpflichtet werden soll, der Schriftform, außer es handelt sich um ein ständig wiederkehrendes Geschäft des täglichen Lebens, das finanziell von unerheblicher Bedeutung ist. Dass es sich bei der behaupteten mündlichen Anerkennung der Haftung für die Folgen eines Verkehrsunfalls nicht um ein alltägliches Geschäft des Bürgermeisters handelt, verstehe sich von selbst, zumal nicht einmal eine schriftliche Unfallschilderung für die Versicherung bei der Beklagten eingereicht wurde, sondern nur eine mündliche Vorsprache der Ehefrau des Klägers erfolgte. Tatsachen, aufgrund derer dennoch zu einer derartigen Erklärung befugt gewesen sein soll, trage der Kläger nicht vor. Ebenso wenig gebe es Anhaltspunkte für eine nachträgliche Genehmigung der behaupteten Zusage seitens des Gemeinderates.

Sinn und Zweck von Art. 38 Abs. 2 BayGo sei der Schutz der öffentlich-rechtlichen Körperschaft vor unbedachten oder übereilten Willenserklärungen eines nicht (allein) vertretungsberechtigten Organs. Trotz des Wortlauts der Regelung verstehe der BGH kommunalrechtliche Bestimmungen dieser Art nicht als Formvorschriften, sondern als materielle Vorschriften über die Beschränkung der Vertretungsmacht. Mängel der kommunalrechtlichen Erfordernisse führten grundsätzlich zur Unverbindlichkeit derartiger Erklärungen für die Gemeinde (vgl. grundlegend zu derartigen Fallkonstellationen und deren Rechtsfolgen: BGH vom 10.05.2001 - III ZR 111/99). Einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung des aus dem Unfall resultierenden Schadens vermögen die behaupteten Erklärungen des Bürgermeisters somit nicht zu begründen, so dass seitens des Landgerichts zu recht von einer Beweiserhebung abzusehen gewesen sei.


Ansprechpartner: Nicole Tassarek-Schröder
Fundstelle: OLG München, Beschluss vom 27.05.2011  - 1 U 1209/11