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Beiträge und Entscheidungen/ Arzthaftungsrecht

Alternativaufklärung bei langem Leidensweg und hypothetische Einwilligung bei beruflichen Anforderungen (OLG Koblenz, Urteil vom 09.05.2012 - 5 U 1045/11)

Hartnäckig anhaltende Beschwerden trotz lange andauernder konservativer Behandlung machen eine Aufklärung über die theoretischen Chancen einer Weiterführung der konservativen Therapie vor einer Operation entbehrlich.


Eine hypothetische Einwilligung zur Schulter-OP ist anzunehmen, wenn der Patient zur Berufsausübung auf eine funktionierende Schulter angewiesen ist.


Ansprechpartner: Dr. Götz Tacke, Partner

Amtliche Leitsätze:

1. Persistieren nach einer Schulterverletzung die Beschwerden trotz engmaschiger krankengymnastischer Behandlungen hartnäckig, muss die ärztliche Aufklärung vor einer nahezu 18 Monate später durchgeführten Operation (Anm.: Arthroskopie des Schultergelenks und Akromioplastik nach Neer) sich nicht mehr näher auf die theoretischen Chancen einer Weiterführung der konservativen Therapie erstrecken.

2. Auch liegt bei einer Patientin, die für die gewünschte weitere Berufsausübung auf die Funktion der Schulter angewiesen ist (hier: Krankenschwester), eine hypothetische Einwilligung zur Operation nahe.

3. Für die Operationsindikation hat der klinische Befund und nicht die Bildgebung im Mittelpunkt zu stehen. Gibt es mehrere standardmäßige Operationsmethoden, darf der Arzt die von ihm beherrschte Methode anwenden, solange andere Methoden keine signifikanten Vorteile haben.

4. Einwände gegen Fachrichtung und Qualifikation des gerichtlichen Gutachters sind in der Regel nach rügelosem Verhandeln präkludiert.


Fundstelle: VersR 2014, 69,70