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Beiträge und Entscheidungen/ Arzthaftungsrecht

Ein erstmals in zweiter Instanz behauptetes Aufklärungsversäumnis über eine Behandlungsalternative ist prozessual unbeachtlich (OLG Koblenz, Urteil vom 21.08.2013 - 5 U 256/13)

Hat der Patient in erster Instanz lediglich beanstandet, über ein Operationsrisiko nicht aufgeklärt worden zu sein, ist die in zweiter Instanz erhobene Rüge, der Arzt habe über eine Behandlungsalternative nicht aufgeklärt, prozessual unbeachtlich, wenn das neue Vorbringen nicht als bloße Konkretisierung des in erster Instanz behaupteten Aufklärungsdefizits angesehen werden kann.

Das stillschweigende Zueigenmachen eines günstigen Beweisergebnisses geht nicht so weit, dass der Patient die erstinstanzliche Mitteilung des gerichtlichen Sachverständigen, die Operation hätte durch eine konservative Behandlung vermieden werden können, ohne ausdrückliche Erklärung aufgreift und insoweit konkludent ein Aufklärungsdefizit behauptet.


Ansprechpartner: Dr. Götz Tacke, Partner

Anmerkung:

Das Berufungsgericht wendet konsequent die Präklusionsvorschriften der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO an und sieht völlig zurecht, dass von einer anwaltlich vertretenen Partei auch in einem Arzthaftungsprozess - mit entsprechend geringen Substantiierungspflichten - erwartet werden kann, bereits in der ersten Instanz vorzutragen, was an der ärztlichen Behandlung beanstandet wird, insbesondere darzulegen, warum man sich für eine konservative Behandlung entschieden hätte, zumal wenn ein Sachverständiger diese Alternative ausdrücklich erwähnt. Auch im Medizinschadensprozess kann und muss der einen Patienten vertretende Anwalt beachten, was er in jedem anderen Prozess auch beachten muss und darf sich nicht damit „herausreden“, es handele sich um eine schwierige Materie. Dass Aufgreifen eines von einem Sachverständigen vorgebrachten, für die eigene Partei günstigen Arguments ist nicht schwierig und es ist auch einem Juristen zuzumuten, den Unterschied zwischen einer Operation und einem konservativen Vorgehen (keine Operation) zu verstehen, mit seiner Partei zu kommunizieren und ggf. vorzutragen (§ 138 I ZPO!), dass man keine Operation gewünscht hätte, wenn einem mitgeteilt worden wäre, dass man sich nicht zwingend hätte operieren lassen müssen.


Fundstelle: BeckRS 2014, 08899; GesR 2014, 342 f.