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Beiträge und Entscheidungen/ Arzthaftungsrecht

Fehlender Hinweis auf die Dringlichkeit einer Untersuchung als Behandlungsfehler? (BGH, Urteil vom 17.11.2015 – VI ZR 476/14)

Unterlässt es ein Arzt, den Patienten über die Dringlichkeit der – ihm ansonsten zutreffend empfohlenen – medizinisch gebotenen Maßnahmen zu informieren und ihn vor Gefahren zu warnen, die im Fall des Unterbleibens entstehen können, liegt grundsätzlich ein Verstoß gegen die Pflicht zur therapeutischen Beratung des Patienten vor, weil der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit ärztlichen Fehlverhaltens regelmäßig nicht in der unterbliebenen Befunderhebung als solcher, sondern in dem Unterlassen von Warnhinweisen zum Zwecke der Sicherstellung des Behandlungserfolgs liegt.

Anmerkung:

Bei der therapeutischen Aufklärung (= Sicherungs- oder Sicherheitsaufklärung) handelt es sich um die Aufklärung, die den ärztlichen Eingriff nicht vorbereitet und legitimiert, sondern begleitet und absichert. Diese schuldet der Arzt als vertragliche Nebenpflicht, so dass eine etwaige Pflichtverletzung bei dieser Aufklärung als Behandlungsfehler zu qualifizieren und damit von derjenigen Partei darzulegen und zu beweisen ist, die daraus Rechte herleitet, also von dem Patienten. Dieser hat zu beweisen, dass die gebotene therapeutische Aufklärung unterblieben ist oder unzureichend war. Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr kommen daher nur dann in Betracht, wenn das Unterlassen dieser Aufklärung vom Patienten bewiesen werden kannundeinen groben Behandlungsfehler darstellen würde.


Ansprechpartner: Dr. Götz Tacke, Partner

Fundstelle: GesR 2016, 155