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Beiträge und Entscheidungen/ Arzthaftungsrecht

Beweislastumkehr bei einfachem Befunderhebungsfehler (BGH, Urt. v. 05.11.2013 - VI ZR 527/12)

Auch eine einfach fehlerhafte Unterlassung der Befunderhebung kann dann zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Gesundheitsschaden führen, wenn sich bei der gebotenen Abklärung der Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein so deutlicher und gravierender Befund ergeben hätte, dass sich dessen Verkennung als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde und dieser Fehler generell geeignet ist, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen.

Ansprechpartner: Dr. Götz Tacke, Partner

Grundsätzlich hat der Patient den Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden nachzuweisen hat.

Bei der haftungsbegründenden Kausalität gilt das strenge Beweismaß des § 286 ZPO, bei der haftungsausfüllenden genügt nach § 287 ZPO eine zur Überzeugungsbildung überwiegende Wahrscheinlichkeit.

Bei der Unterlassung einer gebotenen Befunderhebung erfolgt eine Beweislastumkehr hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität (= Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für den Primärschaden des Patienten im Sinne einer Belastung seiner gesundheitlichen Befindlichkeit), wenn

  • bereits die Unterlassung einer aus medizinischer Sicht gebotenen Befunderhebung einen groben ärztlichen Fehler darstellt oder
  • wenn sich bei der gebotenen Abklärung der Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein so deutlicher und gravierender Befund ergeben hätte, dass sich dessen Verkennung als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde und diese Fehler generell geeignet sind, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen

Für den Kausalitätsnachweis für Folgeschäden (Sekundärschäden), die erst durch die infolge des Behandlungsfehlers eingetretene Gesundheitsverletzung entstanden sein sollen, tritt auch bei einer (einfach oder grob fehlerhaft) unterlassene oder verzögerte Befunderhebung nur dann eine Beweislastumkehr ein, wenn der Sekundärschaden eine typische Folge des Primärschadens ist.

Fundstelle: VersR 2014, 247