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Beiträge und Entscheidungen/ Arzthaftungsrecht

Eine MRSA-Infektion in einem Krankenhaus lässt keinen Rückschluss auf Hygienemängel zu (OLG Naumburg, Urteil vom 12.06.2012)

In einem Krankenhaus war ein Patient an Multiorganversagen auf Grund einer Sepsis nach einer Infektion mit einem multi-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) verstorben. Die Witwe verklagte das Krankenhaus auf Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen der nach ihrer Meinung fehlerhaften Behandlung ihres Ehemannes. 

Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg. Das OLG verkannte nicht, dass die tragische Folge der Infektion ihres Ehemanns für die Klägerin schwer zu ertragen ist und sie die Frage nach den Ursachen stellt, wies die Berufung dennoch zurück, mit der Begründung:

(Leitsätze): 

1. 

Die Infektion mit einem multiresistenten Erreger begründet weder per se eine Haftung der Klinik noch stellt sie ein Indiz für eine mangelhafte Behandlung dar. Der Arzt schuldet dem Patienten keinen absoluten Schutz vor Infektionen, den niemand bieten kann. Der Arzt haftet nur, wenn er den von ihm zu fordernden Qualitätsstandard unterschreitet und dies auch ursächlich für eine Schädigung des Patienten ist 

2. 

Eine räumliche Separierung im Sinne einer Umkehrisolierung kommt bei Patienten in Betracht, die hochgradig infektanfällig sind, sei es wegen einer Immunsubpression, einer Brandverletzung oder wegen einer Immunschwächekrankheit. Dies ist nicht schon bei Diabetespatienten der Fall. 

3. 

Die Dokumentation und Kontrolle allgemeiner Hygieneregeln und -standards erfolgt nicht patientenbezogen oder in einzelnen Krankenakten, denn eine Dokumentation, die aus medizinischer Sicht nicht erforderlich ist, ist auch aus Rechtsgründen nicht geboten. 

4. 

Eine Haftung des Arztes oder der Klinik für eine Infizierung durch Keime kommt nur in Betracht, wenn die Keimübertragung durch die gebotene hygienische Vorsorge zuverlässig hätte verhindert werden können. Nur wenn feststeht, dass die Infektion aus einem hygienisch beherrschbaren Bereich hervorgegangen ist, hat der Behandelnde für die Folgen der Infektion einzustehen, sofern er sich nicht ausnahmsweise entlasten kann. 

5. 

Dass man sich in jedem Krankenhaus möglicherweise mit Keimen infizieren kann und dass dieses Risiko bei einer Vorerkrankung oder dem Vorhandensein von Wunden erhöht ist, ist allgemein bekannt und nicht Gegenstand der besonderen Risikoaufklärung im Rahmen eines stationären Aufenthalts als solcher.


Ansprechpartner: Dr. Götz Tacke, Partner

Fundstelle: NJW-RR 2012, 1375