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Beiträge und Entscheidungen/ Arzthaftungsrecht

Sicherungspflicht von Klinik und Fahrer bei einem Patiententransport (OLG Koblenz, Beschl. vom 26.02.2014 - 5 U 1441/13)

Zwischen einer allgemeinen Anschlussrehabilitation nach hinreichender postoperativer Mobilisation und einer geriatrischen Nachbehandlung muss unterschieden werden. Nur letztere führt zur Notwendigkeit eines qualifizierten Krankentransportes.

Die allgemein erhöhte Sturzgefahr ist in der Praxis bekannt und wird dadurch berücksichtigt, dass die Richtlinie „AHB-Anschlussrehabilitation“ zwischen einer allgemeinen Anschlussrehabilitation nach hinreichender postoperativer Mobilisation und einer geriatrischen Nachbehandlung unterscheidet. Nur letztere führt zur Notwendigkeit eines qualifizierten Krankentransportes. Die Indikation zu einer „AHB-Anschlussrehabilitation“ setzt nach der von dem Sachverständigen vorgelegten Richtlinie eine hinreichende Reisefähigkeit voraus. Diese ist definiert als die Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel oder einen Pkw zu nutzen. Zu den öffentlichen Verkehrsmitteln gehören auch Busse und Bahnen, bei denen erforderlich sein kann, eine oder zwei Stufen zu steigen, und bei denen kein pflegerisch oder medizinisch geschultes Personal eingesetzt wird. … Auch im häuslichen Bereich sind regelmäßig Höhenunterschiede zu überwinden (Dusche, Badewanne, Treppen). Gleiches gilt für die außerhäusliche Mobilität wie beispielsweise bei Spaziergängen. Anhaltspunkte für Schwierigkeiten in diesen Bereichen konnten nicht erkannt werden.

Der Transport wurde von einem Unternehmen durchgeführt, das über entsprechende Erfahrung verfügte. Vergleichbare Vorfälle aus der Vergangenheit sind nicht bekannt. Der Fahrer war unstreitig zur Gewährung von Hilfestellung angehalten. Dass er dem nicht nachgekommen ist, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Eine Einstiegshilfe war vorhanden und hat die Hälfte der Höhe zwischen Bürgersteig und Fahrzeug überwunden. Ein erheblicher Höhenunterschied ist damit nicht verblieben. Der Vortrag der Klägerin lässt auch nicht erkennen, dass sie sich den Einstieg nicht zutraute. Weder wird von entsprechenden Hinweisen an den Fahrer berichtet, noch hat sie Anlass gesehen, ihren Mann zur Hilfe zu rufen, der als zweite Person zur Einstiegshilfe zur Verfügung stand. Es ist nicht zu ersehen, dass der Fahrer oder die Beklagte eine besondere Gefahr im Einzelfall erkennen sollten, die die Klägerin nicht hätte sehen können.

Anmerkung:

Die Entscheidung folgt der Rechtsprechung zur „Verkehrssicherungspflicht“, wonach im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren Vorkehrungen getroffen werden müssen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs geeignet sind, Gefahren von Dritten tunlichst abzuwenden. Die vom Grundprinzip der Eigenverantwortung geprägte Rechtsprechung trägt auch dem Lebensumstand Rechnung, dass eine Verkehrssicherheit, die jeden Unfall ausschließt, faktisch nicht erreichbar ist und nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden kann und muss. Übertragen auf den vorliegenden Fall, konnten Klinik und Fahrer mangels besonderer Anhaltspunkte (Einstiegshilfe war vorhanden, Höhenunterschied war gering, keine Hilfsbedürftigkeit mitgeteilt oder ersichtlich, keine erhöhte Sturzgefahr bekannt) bei einem „normalen“ Transport zur Anschlussrehabilitation über 14 Tage nach einer TEP-OP davon ausgehen, dass der Patient hinreichend mobil ist, um ohne besondere Hilfe in ein Fahrzeug ein- und aussteigen zu können.

Ansprechpartner: Dr. Götz Tacke, Partner

Fundstelle: RDG 2014, 137, GesR 2014, 344 f.