Menu

Beiträge und Entscheidungen/ Arzthaftungsrecht

Zweizeitiges Vorgehen bei intraoperativ unklarer Befundlage (LG München I, Urteil vom 27.07.2011)

Bei einer jungen Frau mit Ovarialtumor ist ein zweizeitiges Vorgehen zur Fertilitätserhaltung lege artis, wenn das intraoperativ untersuchte umgebende Gewebe tumorzellenfrei ist.

Ansprechpartner: Dr. Götz Tacke, Partner

Eine junge Frau (20 J.) erkrankte an einem Ovarialtumor. Intraoperativ konnte mit den zur Verfügung stehenden und gebotenen Mitteln keine Streuung festgestellt werden, so dass die Ärzte sich für ein sog. "zweizeitiges Vorgehen" entschieden hatten und zunächst nur den Tumor in toto entfernten. Der gesunde Eierstock und die Gebärmutter wurden zur Fertilitätserhaltung (zunächst) belassen. Das Ergebnis der schwierigen Untersuchung des entfernten Gewebes ergab einen sehr seltenen, besonders bösartigen und schnell wachsenden Tumor [FIGO ic (pT1c)], an dem die Patientin trotz zwischenzeitiger zweiter (Total-)Operation wenige Zeit später verstarb. Den Klinikärzten wurde von der Mutter u.a. zum Vorwurf gemacht, dass zunächst nur der eine Eierstock nebst Eilleiter entfernt und nicht sofort, präventiv eine Totaloperation durchgeführt wurde. Der vom Gericht hinzugezogene Sachverständige stellte fest, dass das ärztliche Vorgehen aus der einzig maßgeblichen Sicht ex ante korrekt war und umgekehrt eine sofortige Totaloperation behandlungsfehlerhaft gewesen wäre. Außerdem sei die Krebsart derart aggressiv gewesen, dass das Leben der Patientin schon beim ersten Eingriff nicht mehr zu retten gewesen wäre.

Die Klage wurde abgewiesen.

Fundstelle: Landgericht München I, Urteil vom 27.07.2011 - 9 O 20695/08