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Beiträge und Entscheidungen/ Arzthaftungsrecht

Bedeutung der Dokumentation (BGH, 11.11.2014 - VI ZR 76/13)

Das Fehlen der Dokumentation einer aufzeichnungspflichtigen Maßnahme begründet die Vermutung, dass die Maßnahme unterblieben ist. Diese Vermutung entfällt weder deshalb, weil in der Praxis mitunter der Pflicht zur Dokumentation nicht nachgekommen wird, noch deshalb, weil die Dokumentation insgesamt lückenhaft ist.

Ansprechpartner: Dr. Götz Tacke, Partner

Im Rahmen eines Arzthaftungsprozesses war u.a. streitig, ob die - nicht dokumentierte - Gabe von Natriumbicarbonat erfolgte oder nicht.

Aus den Gründen:

„Nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats begründet das Fehlen der Dokumentation einer aufzeichnungspflichtigen Maßnahme die Vermutung, dass die Maßnahme unterblieben ist (vgl. Senatsurteil vom 14. Februar 1995 - VI ZR 272/93, BGHZ 129, 6, 10; Senatsbeschluss vom 9. Juni 2009 - VI ZR 261/08, VersR 2009, 1406 Rn. 4; ferner Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 12. Aufl., Rn. 548; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., B Rn. 247; vgl. jetzt auch § 630h Abs. 3 BGB). Diese Vermutung entfällt weder deshalb, weil in der Praxis mitunter der Pflicht zur Dokumentation nicht nachgekommen wird (Senatsurteil vom 14. Februar 1995, aaO), noch deshalb, weil die Dokumentation insgesamt lückenhaft ist.“

Fazit:

Die ärztliche Dokumentation hat den Zweck, dem Nachbehandler für die Nachbehandlung wichtige Informationen an die Hand zu geben. Diese Entscheidung gibt - in Kenntnis der (Über-)Belastung von Ärzten und Pfegekräften mit administrativen Tätigkeiten - Anlass, wiederholt auf die Bedeutung der Dokumentationzur Haftungsvermeidunghinzuweisen. Unter Verwendung von Kürzeln, ggf. auch Textbausteinen, sollten auch Routinemaßnahmen nach Möglichkeit vermerkt werden, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzten, diese unterlassen zu haben, weil sich dazu nichts in den Behandlungsunterlagen findet. „Retten“ kann man derartige Dokumentationslücken, die per se noch nicht zu einer Haftung führen, ansonsten noch durch eine Parteianhörung des Arztes oder die Einvernahme von Zeugen, wobei der Beweis eines standardisierten „immer so Vorgehens“ ausreichend sein sollte.

Fundstelle: BeckRS 2014, 22646; GesR 2015, 88