Menu

Beiträge und Entscheidungen/ Arzthaftungsrecht

Keine generelle Pflicht des Hausarztes zur Blutdruckmessung bei jedem Patienten (OLG München, Urteil vom 01.03.2007)

Auch wenn Untersuchungen schnell und leicht durchzuführen sind, müssen Ärzte solche Untersuchungen nicht durchführen, die zur Abklärung der Beschwerden des Patienten nicht notwendig sind. Daher besteht für den praktischen Arzt keine Pflicht - ungeachtet der vom Patienten genannten Beschwerden und der Konstitution des Patienten - stets vorsorglich den Blutdruck zu messen.

Ansprechpartner: Dr. Götz Tacke, Partner

Die Entscheidung zeigt auf, wie leicht ein Hausarzt trotz korrekter Diagnose und richtiger Behandlung aus formellen Gründen in das Fadenkreuz eines Patienten geraten kann. Die hier in Anspruch genommene Ärztin hatte ihren Patienten, der sie mit ganz bestimmten Beschwerden konsultiert hatte, lege artis untersucht und behandelt. Die routinemäßige Messung des Blutdrucks wurde allerdings ebenso wenig dokumentiert wie das Ergebnis. Der Patient versuchte die Ärztin wegen "unterlassener Befunderhebung" für einen wenige Wochen nach dem Behandlungsende erlittenen Schlaganfall verantwortlich zu machen.
Der im gerichtlichen Verfahren hinzugezogene Sachverständige hielt eine Blutdruckmessung selbst dann für dokumentationspflichtig, wenn ein Normalbefund festgestellt wird. Außerdem sei es auch sinnvoll und wünschenswert, dass der Blutdruck beim Hausarzt vorsorglich gemessen wird. Die unterlassene Blutdruckmessung könne aber nicht als Behandlungsfehler gewertet werden, da der Patient den Arzt mit Beschwerden aufgesucht hatte, die nicht im Zusammenhang mit Bluthochdruck standen.

Praxistipp:

Ein Hausarzt sollte stets den "sichersten Weg" wählen und selbst in Fällen, die nicht auf Bluthochdruck schließen lassen, den Blutdruck messen und das Ergebnis dokumentieren (nicht nur mit "o.B.").   


Fundstelle:  VersR 2007, 652