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Beiträge und Entscheidungen/ Arzthaftungsrecht

Haftung des Apothekers bei grob fehlerhafter Medikamentenabgabe (OLG Köln, Urteil vom 07.08.2013)

In einer aktuellen Entscheidung wendet das OLG Köln die Regeln der Beweislastumkehr aus dem Arzthaftungsrecht auf einen Apotheker an, der grob fehlerhaft ein Medikament abgegeben hat. Die Sache liegt nun beim BGH, da das OLG die Revision zugelassen hat.

Ansprechpartner: Christian Koller, Partner

Aufgrund eines Versehens stellte ein Arzt ein Rezept für ein Herzmittel in einer achtfach überhöhten Dosierung aus. Der Apotheker, der nach Ansicht des Gerichts angesichts des Alters des Patienten die Überdosierung hätte erkennen müssen, verkaufte dennoch das Medikament entsprechend der verschriebenen Rezeptur. Der Kläger erlitt nach Einnahme des Präparates u.a. einen Herzstillstand und musste reanimiert werden. Darauf hin verklagte er sowohl den Arzt wie auch den Apotheker.

Das OLG bejahte nicht nur einen groben Behandlungsfehler des Arztes, sondern auch des Apothekers, da dieser angesichts des hochgefährlichen Medikamentes in ganz besonderer Weise Sorgfalt walten lassen und den Fehler im Rezept hätte erkennen müssen. Problematisch war nun, dass der Kläger Jahre nach der streitgegenständlichen Verordnung eine Hirnschädigung in Form eines erheblichen Entwicklungsrückstands aufwies. Da er auch an einem Down-Syndrom litt, war nun unklar, ob der Entwicklungsrückstand auf die Falschmedikation und den Sauerstoffmangel nach dem Herzstillstand oder den angeborenen genetischen Defekt zurückzuführen sei. 

Das OLG stellte fest, dass sowohl der Arzt als auch der Apotheker beweisen müssten, dass der Schaden nicht aufgrund der Überdosierung entstanden sei. Dabei wies das Gericht auf den Rechtsgedanken des § 630h Abs. 5 BGB hin, der auf den vorliegenden Fall noch nicht anwendbar war. Danach wird vermutet, dass ein grober Behandlungsfehler für die Verletzung ursächlich war, wenn er grundsätzlich geeignet ist, eine Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen. Diese Grundsätze sollen nach Auffassung des OLG auch für den grob fehlerhaften Apotheker gelten. 

Es bleibt nun abzuwarten, ob der BGH dem folgen wird. Daran bestehen Zweifel. Der Gesetzgeber stellte in seiner Gesetzesbegründung zum Patientenrechtegesetz klar, dass die Verträge zwischen Apothekern und Patienten gerade nicht unter § 630a BGB fallen. Somit ist davon auszugehen, dass Apotheker von den Beweislastregeln des § 630h BGB ausgenommen werden sollen. 

Unabhängig davon bedeutet die Entscheidung für die Praxis, dass in ähnlich gelagerten Fällen aus Sicht des Arztes den Apothekern der Streit zu verkünden ist, und umgekehrt der Apotheker dem fehlerhaft verordnenden Arzt. 


(nicht rechtskräftig)