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Beiträge und Entscheidungen/ Arzthaftungsrecht

Zu den Anforderungen an die Berufungsbegründung im Arzthaftungsprozess (OLG Naumburg, Beschluss vom 26.08.2015)

Stützt das erstinstanzliche Gericht die Abweisung der gegen den Arzt gerichteten Schadensersatzklage neben dem Verneinen eines Behandlungsfehlers auch auf den fehlenden Kausalzusammenhang zwischen dem vermeintlich pflichtwidrigen Handeln des Arztes und einer nachfolgend eingetretenen Gesundheitsschädigung, muss die Berufungsbegründung auch Letzteres in Frage stellen und darlegen, warum diese Erwägung die angefochtene Entscheidung nicht trägt, also für falsch gehalten wird. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig.


Ansprechpartner: Dr. Götz Tacke, Partner

Aus den Gründen:

"Den Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und seinem erlittenen Körper- oder Gesundheitsschaden hat regelmäßig der Patient darzulegen und zu beweisen. Beim Unterlassen notwendiger Behandlungsmaßnahmen ist der Beweis zu führen, dass bei richtiger Diagnose und rechtzeitiger Befunderhebung sowie richtiger Behandlung nach den medizinischen Soll-Standards dieser Schaden ganz oder teilweise vermieden worden wäre. Fehlt es daran, ist die Klage unbegründet. Die Berufung kommt hierauf nicht zurück, so dass das Urteil in diesem entscheidungserheblichen und das erstinstanzliche Prozessergebnis weiterhin tragenden Punkt unangegriffen bleibt. Gemäß § 520 III S. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung innerhalb der dafür vorgesehenen bzw. eingeräumten Frist (§ 520 II ZPO) gemessen an § 513 I ZPO zumindest die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt (Nr. 2) oder die konkreten Anhaltspunkte benennen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (Nr. 3) oder die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie die Tatsachen, die für deren Zulassung nach § 531 II ZPO streiten, aufzeigen (Nr. 4). Ist das angefochtene Urteil hinsichtlich desselben prozessualen Anspruchs alternativ auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung für jeden dieser Punkte diesen konkreten Angriff führen und hierdurch darlegen, warum die Erwägung die Entscheidung nicht (mehr) trägt; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig. Der Kläger unternimmt dagegen nicht den Versuch, das Kausalitätsargument des Landgerichts zu diskutieren. Entscheidend bleibt jedoch, dass es für eine dem Gesetz entsprechende Berufungsbegründung nicht genügt, das Urteil in dem betreffenden Punkt als falsch zu bezeichnen oder die eigene abweichende Auffassung wiederholend in den Raum zu. Der Berufungskläger muss in Auseinandersetzung mit dem Urteil darlegen, warum er es für falsch hält. Gerade dies bringt die Berufungsbegründung zum Ursachenzusammenhang nicht zum Ausdruck."


Fundstelle: OLG Naumburg, Beschluss vom 26.08.2015 - 1 U 127/14 = VersR 2016, 944 f.