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Allgemeine Haftungsfragen

Abrechnung eines teilweise gekündigten Pauschalpreisvertrags (BGH vom 16.10.2014)

Der Werklohnanspruch des Unternehmers kann im Fall eines vom Besteller teilweise gekündigten Pauschalpreisvertrags, sofern lediglich ganz geringfügige Leistungen ausstehen und keine kalkulatorischen Verschiebungen zu Lasten des Bestellers verdeckt werden können, auch auf die Weise berechnet werden, dass die nicht erbrachte Leistung bewertet und von der Gesamtvergütung abgezogen wird.

Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen eines Restwerklohnanspruchs i.H.v. € 38.920,00 in Anspruch. Die Beklagten beauftragten die Klägerin auf der Grundlage deren Angebots im Jahr 2008 mit der Anlegung eines japanischen Gartens auf der ihrer Wohnung gehörenden Dachterrasse zu einem Pauschalpreis von € 110.000,00. Inhalt des Auftrags war ursprünglich auch die Ausführung eines Wasserfalls an der an die Dachterrasse angrenzenden Hauswand. Die Beklagten nahmen, nachdem im Zuge der Bauarbeiten Feuchtigkeitsprobleme an der Wand auftraten, von der Ausführung des Wasserfalls Abstand. Die Klägerin behauptet, dass als gleichwertiger Ersatz hierfür die Erstellung eines „Tsukubai“, eines rituellen japanischen Waschplatzes mit Bambusrohr und Stein, sowie die Lieferung eines Meditationspodestes („Tan“) vereinbart worden sei. Das „Tsukubai“ sei auch erstellt worden. Das Meditationspodest, das an der für den Wasserfall vorgesehenen Stelle errichtet werden sollte, sei dagegen auf Wunsch der Beklagten nicht ausgeführt worden.

Das Landgericht hat die Klage u.a. wegen nicht ausreichender Darlegung der geltend gemachten Restwerkforderung abgelehnt. Das Oberlandesgericht wies die Berufung zurück (§ 522 Abs. 2 ZPO). Auf die Revision der Klägerin hebt der BGH den Beschluss des OLG auf und verweist die Sache zurück.

Aus den Gründen:

Das BerGer. hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die ausweislich des landgerichtlichen Urteils erhobene Behauptung der Kl. zutrifft, die Bekl. hätten an Stelle des ursprünglich in Auftrag gegebenen Wasserfalls als Kompensationsleistung die Erstellung eines so genannten „Tsukubai“ und eines Meditationspodestes („Tan“) in Auftrag gegeben. Zu Gunsten der Kl. ist in der Revisionsinstanz daher davon auszugehen, dass dies der Fall ist und daher Einigkeit zwischen den Parteien bestand, dass die neue Leistung zum vereinbarten Pauschalpreis von 110.000 Euro erbracht wird. (…)

Noch zutreffend geht das BerGer. davon aus, dass ein gekündigter Pauschalpreisvertrag vorliegt, weil die Kl. das als Teil der Kompensationsleistung in Auftrag gegebene „Tan“ nicht gefertigt und geliefert hat. Nach dem für das Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden Vorbringen der Kl. sollte der vereinbarte Pauschalpreis auch im Hinblick auf den geänderten Vertragsinhalt unverändert bleiben. Da die Kl. das Meditationspodest nicht fertiggestellt und geliefert hat, ist die Vergütungsforderung grundsätzlich entsprechend den an die Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrags zu stellenden Anforderungen zu ermitteln. Danach hat der Unternehmer die erbrachten Leistungen darzulegen und von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen. Die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen ist nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen. Der Unternehmer muss deshalb das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darlegen (…). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Kl. nicht, wie das BerGer. zutreffend ausführt.

Das BerGer. verkennt jedoch, dass für den Fall, dass lediglich noch ganz geringfügige Leistungen ausstehen, der Werklohnanspruch, sofern keine kalkulatorischen Verschiebungen zu Lasten des Auftraggebers verdeckt werden können, auch auf die Weise berechnet werden kann, dass die nicht erbrachte Leistung bewertet und von der Gesamtvergütung abgezogen wird (…). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Bei den Leistungen für die Fertigung und Lieferung des Meditationspodestes handelt es sich im Hinblick auf die von der Kl. geschuldete Gesamtleistung um eine lediglich geringfügige Leistung. Deren Wert hat die Kl. mit insgesamt 5015 Euro beziffert. Die Kl. hat damit den Anforderungen genügt, die im Einzelfall an die Darlegung des Werklohnanspruchs nach Teilkündigung des Pauschalpreisvertrags zu stellen sind. (…)

Die Entscheidung des BerGer. kann danach keinen Bestand haben. Sie ist aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das BerGer. zurückzuverweisen, um diesem die Gelegenheit zu geben, die erforderlichen Feststellungen nachzuholen (...)."

Fundstelle:

BGH, Urteil vom 16.10.2014 – VII ZR 176/12 = NJW 2014, 3778