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Allgemeine Haftungsfragen

Hemmung der Verjährung des Werklohnanspruchs durch Beweissicherungsverfahren (BGH vom 09.02.2012)

Die Verjährung des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers wird gemäß § 204 I Nr. 7 BGB gehemmt, wenn der Auftragnehmer zur Aufklärung von Werkmängeln ein selbständiges Beweisverfahren einleitet, um die Abnahmereife seiner Werkleistungen und die tatsächlichen Voraussetzungen für die Fälligkeit seines Vergütungsanspruchs nachweisen zu können.

Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)

Im vom BGH entschiedenen Fall hatte der Auftraggeber nach Schlussrechnungslegung durch den Auftragnehmer 2003 die Abnahme der Leistung des Auftragnehmers verweigert. Der Auftragnehmer leitete 2004 ein selbständiges Beweisverfahren ein, um feststellen zu lassen, dass seine Leistung abnahmereif ist. Das Beweisverfahren endet 2007 mit der Feststellung der Abnahmereife. Im Anschluss erhob der Auftragnehmer 2009 Werklohnklage. Die Parteien stritten darüber, ob durch das Beweisverfahren der Werklohnanspruch des Auftragnehmers verjährt war. Der Auftraggeber war der Ansicht, die Werklohnforderung sei verjährt, da Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens nur Baumängel, nicht aber Werklohnansprüche gewesen seien. Nach Auffassung des Auftragnehmers ist die Verjährung seines Werklohnanspruches durch das selbständige Beweisverfahren gehemmt.

Aus den Gründen:

„(…) Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob ein vom Auftragnehmer zur Klärung der Mängelfreiheit eingeleitetes selbständiges Beweisverfahren gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB zur Hemmung der Verjährung seines Vergütungsanspruchs führt. … Hintergrund für diesen Meinungsstreit ist der sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergebende Grundsatz, dass die Hemmungswirkung des selbständigen Beweisverfahrens nur solche Ansprüche betrifft, für deren Nachweis die vom Gläubiger zum Gegenstand des Beweisverfahrens gemachten Tatsachenbehauptungen von Bedeutung sind. (… ) Daran könnte es fehlen, wenn der Auftragnehmer die Mangelfreiheit aufklären lassen will, um Mängelrechte des Auftraggebers abzuwehren. Das wiederum ist regelmäßig der Fall, wenn seine Werkleistungen abgenommen sind und sein Vergütungsanspruch fällig geworden ist. (…)

Hier liegen die Dinge anders. Die Klägerin hat das selbständige Beweisverfahren eingeleitet, nachdem der Beklagte die bis Ende Mai 2004 verlangte Abnahme unter Hinweis auf angebliche Mängel verweigert hatte. Die Fälligkeit seines Vergütungsanspruchs hing gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB also davon ab, nachweisen zu können, dass die behaupteten Mängel nicht vorlagen und der Beklagte hätte abnehmen müssen. Für derartige Fallkonstellationen, in denen der Auftragnehmer die Mangelfreiheit seiner Werkleistungen in einem selbständigen Beweisverfahren klären lassen will, um seinen Vergütungsanspruch gerichtlich durchsetzen zu können, führt die Einleitung eines solchen Verfahrens nach einhelliger Auffassung dazu, dass die Verjährung des Vergütungsanspruchs gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt wird.“

Der BGH stellt fest, dass der Werklohnanspruch des Auftragnehmers nicht verjährt war. Nach der Rechtsprechung des BGH betrifft die Hemmungswirkung des selbständigen Beweisverfahrens zwar nur solche Ansprüche, für deren Nachweis die vom Gläubiger (hier: Auftragnehmer) zum Gegenstand des Beweisverfahrens gemachten Tatsachenbehauptungen von Bedeutung sind. Die Besonderheit an diesem Fall ist, dass der Auftraggeber die Abnahme verweigert hatte, da nach seiner Auffassung erhebliche Mängel vorlagen. Voraussetzung für die Fälligkeit des Werklohanspruchs ist gem. § 641 Abs. 1 Satz 1 BGB die Abnahme der Leistung. Nach § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB steht es Abnahme gleich, wenn der Auftraggeber das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Auftragnehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. Im vorliegenden Fall hing die Fälligkeit des Werklohnanspruchs also davon ab, dass der Auftragnehmer nachweist, dass die behaupteten Mängel nicht vorliegen und der Auftraggeber deswegen die Werkleistung des Auftragnehmers hätte abnehmen müssen. Die Mangelfreiheit der Werkleistung ist daher Voraussetzung dafür, dass der Auftragnehmer seinen Werklohnanspruch durchsetzen kann. Deshalb war die Verjährung des Werklohanspruchs gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB gehemmt.

Der BGH deutet an, dass möglicherweise anders zu entscheiden wäre, wenn der Auftraggeber nach erfolgter Abnahme nicht bezahlt, weil seiner Ansicht nach Mängel vorliegen. Nach Abnahme ist der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers fällig. Leitet der Auftragnehmer in dieser Konstellation ein selbständiges Beweisverfahren ein, um feststellen zu lassen, dass seine Leistung mangelfrei ist, würde das Beweisverfahren nicht zur Hemmung der Verjährung seines Vergütungsanspruches führen.

In diesem Fall muss der Auftragnehmer dafür Sorge tragen, dass sein Vergütungsanspruch nicht verjährt. Letztlich wird er, falls eine entsprechende Vereinbarung mit dem Auftraggeber nicht zu Stande kommt, seine Forderung einklagen müssen. Im Rahmen dieses Prozesses kann dann die Frage geklärt werden, ob seine Leistung mangelfrei ist oder nicht. Ein eigenständiges Beweisverfahren wäre mit Blick auf die fehlende Hemmung der Verjährung des Vergütungsanspruches nicht sinnvoll.


Fundstelle: BGH, Beschluss vom 09.02.2012 - Az. VII ZR 135/11