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Allgemeine Haftungsfragen

Kein Vorsatz eines Handwerkers mangels Kenntnis des Begriffs „Baugeld“ (OLG München vom 13.11.2012)

Die persönliche Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH eines in der Rechtsform der GmbH & Co. KG organisierten Handwerksbetriebs für die zweckwidrige Verwendung von Baugeld nach dem Bauforderungssicherungsgesetz (BauFordSiG) setzt voraus, dass der Geschäftsführer vorsätzlich gehandelt hat.

Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)

Der Kläger nimmt den Geschäftsführer einer GmbH, die ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin eines in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG Zimmereibetriebs ist, auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB ivm. mit § 1 BauFordSiG wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeld in Anspruch. Die mittlerweile in insolvente GmbH & Co. KG war von einer Gemeinde mit Zimmererarbeiten für eine Grundschule beauftragt worden. Die GmbH & Co. KG beauftragte wiederum den Kläger mit Dämmarbeiten für das Bauvorhaben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, auch die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Aus den Gründen:

Ein Schadenersatzanspruch des Kl. gegen den Bekl. gem. § 823 II BGB i. V. mit § 1 BauFordSiG scheitert jedenfalls daran, dass der Bekl. nicht vorsätzlich gehandelt hat. (…)

In der Literatur ist umstritten, ob derjenige, der nur mit einem Teil des Baus beauftragter Auftragnehmer ist, hinsichtlich des dafür erhaltenen Werklohns Empfänger von Baugeld i. S. von § 1 BauFordSiG ist. Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht wurde durch das am 1. 1. 2009 in Kraft getretene BauFordSiG der bisherige Baugeldbegriff gem. § § 1 Absatz III 1 Nr. 2 BauFordSiG erweitert. Danach sei in jeder Zahlung des jeweiligen in der Vertragskette vorgelagerten Auftraggebers an seinen jeweiligen Nachmann Baugeld zu sehen (…). Nach einer gegenteiligen Ansicht sei durch die Neufassung des BauFordSiG derjenige, der nur mit einem Gewerk beauftragt worden sei und einen Nachunternehmer einschalte, nicht als Baugeldempfänger anzusehen (…). Eine höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu liegt nicht vor. Zum GSB allerdings hat der BGH (…) entschieden, dass der lediglich mit einem Teil des Baus beauftragte Unternehmer oder Subunternehmer nicht Empfänger von Baugeld sei.

Vorliegend muss diese Rechtsfrage vom Senat nicht abschließend entschieden werden. Der Senat neigt jedoch dazu, der in der Literatur vertretenen restriktiven Auslegung des Baugeldbegriffs zu folgen, da nach Sinn und Zweck derjenige, der nur mit einem Teilgewerk beauftragt ist und Nachunternehmer einschaltet, bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht der Stellung eine Treuhänders angenähert erscheint. (…)

Der Senat hält die Einlassung des Bekl. angesichts der Tatsache, dass es sich bei der J-GmbH & Co. KG um einen Zimmererbetrieb, aber nicht um einen Bauträger, Generalunternehmer oder Generalübernehmer handelt, für glaubhaft. Zum alten Recht war unstreitig, dass derjenige, der nur ein Gewerk bei einem Bauvorhaben zu erbringen hat und sich bei der Durchführung dieser Arbeiten der Hilfe von Nachunternehmen bedient, nicht Baugeldempfänger ist. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses und während der Baudurchführung, aber auch bis zum heutigen Zeitpunkt ist es in der Literatur völlig umstritten, ob ein mit einem Teilgewerk Beauftragter wie die J-GmbH & Co. KG als Baugeldempfänger im Sinn des BauFordSiG anzusehen ist. Eine höchstrichterliche Entscheidung zur neuen Gesetzeslage ist bisher nicht ergangen. Sollte tatsächlich die J-GmbH & Co. KG als Baugeldempfängerin anzusehen sein, hat der Bekl. sich hierüber jedenfalls geirrt und unvorsätzlich gehandelt. Mangels Vorsatztat des Bekl. war die Berufung des Kl. als unbegründet zurückzuweisen.

Ausgangspunkt der Entscheidung des OLG München ist eine für die Praxis bedeutsame Fragestellung. Höchstrichterlich ist nämlich bislang nicht geklärt, ob derjenige, der nur mit einem einzelnen (Teil-)Gewerk an einem Bauvorhaben beauftragt, also nicht als Generealunternehmer tätig ist, für den für seine Arbeiten erhaltenen Werklohn Empfänger von Baugeld i. S. von § 1 BauFordSiG ist. Würde diese Frage bejaht, ergäben sich aufgrund der bei Bauvorhaben nicht unüblichen Vertragsketten Bauherr - Generalunternehmer - Subunternehmer Schadensersatzansprüche bei zweckwidriger Verwendung von Baugeld gegenüber sämtlichen Nachunternehmern. Das OLG hatte diese Frage letztlich nicht zu entscheiden, da der Beklagte nach Auffassung des Gerichts nicht vorsätzlich handelte. Gleichwohl lässt das OLG München vor dem Hintergrund der dargestellten Problematik erkennen, dass es der restriktiven Auslegung des Begriffs „Baugeld“ zuneigt. Eine Entscheidung des BGH bleibtjedoch abzuwarten.

Fundstelle: OLG München, Urteil vom 13.11.2012 - 13 U 1624/12 = NJW-RR 2013, 212