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Allgemeine Haftungsfragen

Mängelansprüche wegen Verletzung von Hinweispflichten?

Die Verletzung einer Prüfungs- und Hinweispflicht durch den Werkunternehmer ist kein Tatbestand, der eine Mängelhaftung begründen kann. (BGH v. 25.02.2016)

Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)

Der Auftraggeber nimmt den Auftragnehmer auf Vorschuss zur Beseitigung mangelhafter Fliesenarbeiten in einem Wohnheim in Anspruch. Gegen den Vorwurf des Auftraggebers, die Verfugungen der Fliesen seien mangelhaft hergestellt worden, verteidigt sich der Auftragnehmer damit, dass der Auftraggeber säurehaltiges Reinigungsmittel verwendet habe. Dadurch sei das Fugenmaterial beschädigt worden. Der Auftraggeber wendet ein, er habe nicht gewusst, dass säurehaltige Reinigungsmittel das Fugenmaterial angriffen; selbst wenn die Schäden hierdurch hervorgerufen worden seien, stünden ihm Mängelansprüche zu, da der Auftraggeber die entsprechende Hinweispflicht verletzt habe.

Nach Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens spricht das Landgericht dem Auftraggeber einen Mangelbeseitigungsvorschuss zu. Das Berufungsgericht weist die Berufung des Auftragnehmers zurück. Der BGH hebt das Urteil auf und verweist zurück. Denn Tatbestandsvoraussetzung des Erfüllungsanspruches aus § 635 BGB ist ausschließlich die objektive Mangelhaftigkeit des Werks zum Zeitpunkt der Abnahme.

Aus den Gründen:
Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Beklagte die Fugen unzureichend hergestellt hat. Verfehlt sind auf dieser Grundlage auch die Erwägungen des Berufungsgerichts zu einer Hinweispflicht der Beklagten. Im Ansatz noch zutreffend nimmt es an, dass eine nicht vom Unternehmer zu verantwortende Ursache für die Unvollkommenheit, das heißt Mangelhaftigkeit eines Werks ihn dann nicht entlasten kann, wenn er einer ihn treffenden Hinweispflicht nicht nachgekommen ist. Denn insbesondere der Nacherfüllungsanspruch des § 635 BGB knüpft ausschließlich an die objektive Mangelhaftigkeit des Werks an. Diese verschuldensunabhängige Mängelhaftung wird durch einen Sach- oder Rechtsmangel des vom Unternehmer hergestellten Werks begründet; die Erfüllung der Prüfungs- und Hinweispflicht ist demgegenüber ein Tatbestand, der den Unternehmer hiervon befreit. (…) Da es bereits an einem Mangel des Werks fehlt, stellt sich diese Frage nicht. Aus diesen Gründen ist die Verletzung einer Prüfungs- und Hinweispflicht durch den Unternehmer kein Tatbestand, der eine Mängelhaftung begründen könnte.

Praxishinweis: Das Berufungsgericht, das von einer Verletzung einer Hinweispflicht des beklagten Auftragnehmers im Hinblick auf die Reinigung der Fliesen ausgeht, übersieht, dass nach der Rechtsprechung des BGH die Hinweispflicht, mit deren Erfüllung ein Auftragnehmer eine Mängelhaftung abwenden kann, sich nicht darauf bezieht, wie ein späterer Schaden verhindert werden kann. Mit der Pflicht, Bedenken anzumelden, weist der Auftragnehmer darauf hin, dass er mit der vorgesehenen Art und Weise der Erstellung kein mangelfreies Werk herstellen kann.

Fundstelle: BGH v. 25.02.2016 = IBR 2016, 274 = BeckRS 2016, 05557