Allgemeine Haftungsfragen
Unzulässige Drittwiderklage des planenden Generalunternehmers gegen Bauherrn (OLG München, Urteil vom 09.10.2012)Wenn aufgrund unterschiedlicher Verträge mit unterschiedlichem Leistungsinhalt ein unterschiedlicher Prozessstoff vorliegt, kann eine Drittwiderklage nicht mit dem Argument der Prozessökonomie begründet werden.
Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)
Der
(drittwiderbeklagte) Bauherr hatte den Beklagten mit sämtlichen Planungs- und
Bauleistungen für den Umbau seines Hotels beauftragt. Der Beklagte wiederum
beauftragte die Klägerin u.a. mit Erd- und Baumeisterarbeiten. Zwischen dem
Bauherrn und der Klägerin bestehen keine vertraglichen Vereinbarungen.
Die Klägerin
nimmt den Beklagten auf (Rest-)Werklohn in Anspruch, was dieser mit Blick auf
Werkmängel ablehnt. Der Bauherr beruft sich gegenüber dem Beklagten seinerseits
auf Baumängel und verweigert diesem ebenfalls die Zahlung von (Rest-)Werklohn.
Im Prozess erhebt der Beklagte gegen seinen Auftraggeber, den Bauherrn,
(Dritt-)Widerklage auf Zahlung von Restwerklohn und begründet die Klage v.a.
damit, dass er die Klägerin mit ca. der Hälfte des Volumens, mit dem er vom
Bauherrn beauftragt worden sei, beauftragt habe. Eine enge rechtliche und
tatsächliche Verknüpfung und damit die Sachdienlichkeit der Widerklage liege
auch darin, dass die Mängel der klägerischen Arbeiten sich in den Folgegewerken
fortgesetzt hätten, weswegen die Baumängel, die der (drittwiderbeklagte)
Bauherr gegenüber dem Beklagten gerügt hat, überwiegend auf die mangelhaften
Leistungen der Klägerin zurückzuführen seien. Der Drittwiderbeklagte stimmt der
Widerklage nicht zu.
Das
Landgericht hat die Drittwiderklage als unzulässig abgewiesen. Die Berufung des
Beklagten hat keinen Erfolg, auch das OLG München erachtet die Drittwiderklage
als unzulässig und führt hierzu wie folgt aus:
„Schon eine werkvertragliche Leistungskette
führt, weil unterschiedliche Verträge mit unterschiedlichen Pflichten
vorliegen, nicht zu einem deckungsgleichen Streitgegenstand (…). Dies gilt umso
mehr, als der Bekl. im Unterschied zur Kl. nicht nur Bauleistungen, sondern
auch umfassende Planungsleistungen übernommen hat. Auf Grund der dadurch
erlangten Sachwalterstellung sind seine Pflichten anderer und umfassenderer
Art, als die der Kl. Der Prozessstoff der Widerklage weicht so erheblich von
dem der Klage ab, dass keine Sachdienlichkeit angenommen werden kann (…). Auch
der konkrete Fortgang des Klage- und des Widerklageverfahrens verlangen sehr
unterschiedliche Beweiserhebungen: Zum Klageanspruch streiten die Parteien über
den Umfang eines Vergleichs (Beweisbeschluss des LG München I vom 3. 7. 2012);
die Parteien der Widerklage streiten demgegenüber über das Vorliegen
umfangreicher Mängel, wozu Sachverständigenbeweis zu erheben wäre. Damit ist
die Sachdienlichkeit bzw. Zulassung der Drittwiderklage nicht mit Überlegungen
der Prozessökonomie zu begründen.“
Das Gesetz sieht in § 33 ZPO mit der Widerklage ein Instrument vor, dass Klagen, die im Zusammenhang stehen, auch zusammen verhandelt und entschieden werden können, um widersprechende Entscheidungen zu vermeiden. Soweit die Widerklage jedoch nicht vom Beklagten gegen den Kläger erhoben wird, wenn also die Widerklage gegen einen Dritten (hier den Bauherrn) erhoben wird, ist diese sog. Drittwiderklage nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich unzulässig, es sei denn, die mit Klage und Drittwiderklage verfolgten Ansprüche sind u.a. tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft, wobei der BGH als Einschränkung die Zustimmung des Drittwiderbeklagten oder eine Sachdienlichkeit der Drittwiderklage verlangt, woran es vorliegend nach Auffassung des OLG München fehlt.
Fundstelle:
OLG München, Urt. v. 9. 10. 2012 – 9 U 598/12 Bau = NZBau 2013, 172