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Architektenhaftung

Auch eine nachträgliche Schwarzgeldabrede führt zur Nichtigkeit des Architektenvertrages (OLG Stuttgart vom 10.11.2015)

Treffen die Parteien eines Architektenvertrags nach Vertragsschluss und Leistungserbringung eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ zur Hinterziehung von Umsatzsteuer, erfasst die Nichtigkeit nach §134 BGB wegen eines Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nicht nur den Abänderungsvertrag, sondern das gesamte geänderte Vertragsverhältnis, so dass aus diesem Vertrag keine Gewährleistungsrechte oder Honoraransprüche mehrhergeleitet werden können.

Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen fehlerhafter Architektenleistungen auf Schadensersatz in Anspruch. Der Kläger hatte den Beklagten mit der Genehmigungsplanung für den Neubau eines Einfamilienhauses gegen Bezahlung eines Pauschalhonorars beauftragt. Nach Erbringung der Architektenleistungen bezahlte der Kläger den in der Rechnung ausgewiesenen Teilbetrag und den Rest in bar. Im Zuge der Rohbauarbeiten stellten sich später Mängel am Bauwerk heraus, die auf einem Planungsfehler des Beklagten beruhen. Das OLG weist die Klage des Auftraggebers auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten dennoch ab.

Aus den Gründen:

"Dem Kl. steht wegen Mängeln der vom Bekl. erbrachten Architektenleistung kein Schadensersatzanspruch gem. §§ 634 Nr. 4, 636, 633, 280, 281 BGB zu, weil der zwischen den Parteien geschlossene Architektenvertrag wegen Verstoßes gegen § 1 II Nr. 1 SchwarzArbG nichtig ist, § 134 BGB. (…)

Die vom Bekl. erbrachte Architektenleistung war mangelhaft. (…)

Die Berufung des Bekl. hat aber deswegen Erfolg, weil der Architektenvertrag gem. § BGB § 134 BGB nichtig ist, so dass der Klage der Erfolg versagt bleibt.

§ 1 I Nr. 2 SchwarzArbG enthält das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrags, wenn dieser Regelungen enthält, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich auf Grund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrags, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. (…) Der Bekl. hat Schwarzarbeit geleistet, indem er für einen Teil (…) des vereinbarten Werklohns (…) keine Umsatzsteuer verlangen und abführen wollte. Der Kl. hat dies erkannt und bewusst gefördert, indem er mit dem Bekl. nachträglich eine aufgeteilte Zahlung vereinbart hat, wonach ein Teilbetrag (…) keinen Umsatzsteueranteil enthielt. (…) Der Senat ist auf Grund der Anhörung der Parteien sowie der Feststellungen des LG (…) davon überzeugt, dass (…) beiden Parteien bewusst war, dass damit Umsatzsteuer nicht entrichtet werden sollte. Einen anderen Zweck vermag der Senat in der Aufteilung der Zahlung in einen Teilbetrag, der bar übergeben wurde und für den bis zum Termin in der mündlichen Verhandlung keine Rechnung erstellt worden war und einen Rechnungsbetrag (…), der zeitnah überweisen wurde, nicht zu erkennen. Dies ist ausreichend, um einen zur Nichtigkeit des Vertrags führenden Verstoß gegen das Verbot des § 1 II Nr. SchwarzArbG anzunehmen. (…)

Auch der Umstand, dass die Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch keine „Ohne-Rechnung-Abrede“ getroffen und damit zunächst einen wirksamen Vertrag abgeschlossen hatten, führt zu keiner anderen Bewertung. Nicht gefolgt werden kann dem erstinstanzlichen Urteil (…), dass allein der Abänderungsvertrag gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstoßen würde und nach § 134 BGB nichtig sei und damit der Vertrag in seiner ursprünglichen Form zum Zeitpunkt vor der „Ohne-Rechnung-Abrede“ wieder auflebt. Die nachträgliche Abrede, einen Teilbetrag ohne Rechnung zu zahlen, gestaltet vielmehr den ursprünglichen wirksamen Werkvertrag um mit dem Inhalt, den er durch die „Ohne-Rechnung-Abrede“ gefunden hat. (…)

Nicht allein die Gefahr der bewussten Umgehung der Nichtigkeit gem. § 134 BGB durch die nachträgliche Schwarzgeldabrede, sondern die Erfahrung, dass solche Vereinbarungen in der Praxis auch tatsächlich oft erst nach dem eigentlichen Vertragsschluss getroffen werden, führt gerade zu der Notwendigkeit, die Nichtigkeitsfolge ausdem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz auch in diesen Fällen eintreten zu lassen."

Fundstelle: OLG Stuttgart, Urt. v. 10.11.2015 - 10 U 14/15 = NZBau 2016, 173