Architektenhaftung
Die Beseitigung von Baumängeln kann der Architekt nicht an sich ziehen! (BGH vom 16.02.2017)Kein Schadensbeseitigungsrecht des Architekten
Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)
Der Auftraggeber begehrt vom beklagten Architekten
Schadensersatz wegen Planungsfehlern und mangelhafter Objektüberwachung. In dem
zwischen den Parteien vereinbarten Formularvertrag über sämtliche
Leistungsphasen war folgende Bestimmung vereinbart: „Wird der Architekt wegen
eines Schadens am Bauwerk auf Schadensersatz in Geld in Anspruch genommen, kann
er vom Bauherrn verlangen, dass ihm die Beseitigung des Schadens übertragen
wird.“
Land- und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen, da
dem Schadensersatzbegehren des Klägers das vereinbarte Selbsteintrittsrecht entgegenstehe.
Der BGH sieht dies anders.
Nach Auffassung des BGH verstößt die Klausel gegen § 307
BGB, weil sie den Auftraggeber entgegen Treu und Glauben unangemessen
benachteilige. Denn nach der Rechtsprechung des BGH schuldet der Architekt als
Schadensersatz wegen von ihm zu vertretener Planungs- oder Überwachungsfehler,
die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, nicht die Beseitigung dieser
Mängel, sondern grundsätzlich Schadensersatz in Geld. Bei Schadensersatzansprüchen
gegen den Architekten wegen Mängeln, die auf seine Planungs- oder
Überwachungsfehler zuzuführen sind, handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch
neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB. Denn die Mängel des Bauwerks kann der
Architekt nicht (mehr) durch Nacherfüllung seiner Architektenleistung
beseitigen. Durch die von dem Architekten mangelhaft erbrachten Planung- und
Überwachungsleistungen hat der Bauherr das Bauwerk nicht so, wie vereinbart,
erhalten. Der Bauherr hat dadurch einen Schaden erlitten, dass er als
Gegenleistung für das vereinbarte Architektenhonorar ein Bauwerk erhält, das
hinter dem vertraglich vereinbarten zurückbleibt.
Für den sich hieraus ergebenden Vermögensnachteil hat der
Architekt Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Architekt muss danach den
Zustand herstellen, der bestehen würde, hätte er nicht mangelhaft geleistet (§
249 Abs. 1 BGB). Hätte also der Architekt die von ihm geschuldeten Architektenleistungen
mangelfrei erbracht, hätte der Bauherr ein mangelfreies Werk (durch die
Leistungen des Bahnunternehmers) erhalten. Als Schadensersatz hat der Architekt
daher die Kosten zu tragen, die der Bauherr zur Kompensation, also zur Beseitigung
der Mängel, benötigt. Dem Bauherrn steht es hierbei frei, die aufgrund der
mangelhaften Architektenleistung eingetretenen Mängel am Bauwerk beseitigen zu
lassen oder Schadensersatz in Höhe des durch die mangelhafte
Architektenleistung bedingten Minderwertes des Bauwerks zu verlangen.
Mit der vereinbarten Klausel, wonach der Architekt (einseitig) vom Bauherrn verlangen kann, anstelle des in Geld zu leistenden Schadensersatzes die Mängelbeseitigung selbst zu veranlassen, werden die Rechte des Bauherrn nach Ansicht des BGH unangemessen beschränkt. Denn nach der Klausel wird zunächst das Recht des Bauherrn beschränkt, das mangelhafte Bauwerk zu behalten und lediglich Schadensersatz in Höhe des durch die mangelhafte Leistung des Architekten bedingten Minderwerts des Bauwerks zu verlangen. Nach der vertraglichen Vereinbarung steht dem Architekten das Recht zu, vom Auftraggeber zu verlangen, ihm die Beseitigung der Schäden zu übertragen, wenn er ihn auf Schadensersatz wegen Mängel am Bauwerk in Anspruch nimmt. Insoweit hat der Bauherr keine Möglichkeit, die Ausübung des Optionsrechts durch den Architekten abzulehnen.
Als unangemessene Benachteiligung erachtet es der BGH insbesondere, dass das dem Bauherrn nach den oben dargestellten Grundsätzen zustehende Wahlrecht, nämlich „ob er den nach dem Architektenvertrag als Ziel vereinbarten vertragsgemäßen Zustand des vom Bauunternehmer hergestellten Werks (noch) herbeiführen oder ob es sich mit dem Schadensersatz in Höhe des infolge des Mangels der Architektenleistung eingetretenen Minderwert des Bauwerks begnügen will“ eingeschränkt wird. Hierin liegt eine entgegen Treu und Glauben unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn für den Fall, dass der Bauherr von einer Mängelbeseitigung am Bauwerk absehen will, wird ihm eine Beseitigung dieser Mängel durch den Architekten, der Gebrauch vom vereinbarten Selbstbeseitigungsrecht macht, aufgedrängt, ohne dass der Bauherr die Möglichkeit hätte, seine Interessen zu wahren und die Selbstbeseitigung durch den Architekten abzulehnen.
Fundstelle: BGH, Urteil vom 16.02.2017 - VII ZR 242/13 = BeckRS 2017, 103456