Menu

Architektenhaftung

Haftung bei Leistungsänderung durch den Planer (BGH v.16.10.2014)

Der Besteller muss sich ein schuldhaftes Verhalten des mit der Planung beauftragten Architekten gem. §§ 254 Abs. II 2, 278 Abs. I BGB zurechnen lassen, wenn der Architekt zwar nicht einseitig eine Planungsänderung vorgibt, eine solche jedoch auf sein Betreiben hin einvernehmlich zwischen Besteller und Unternehmer vereinbart wird und der Architekt hinsichtlich dieser Änderung die Planungsverantwortung übernimmt.

Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)

Gegenüber dem eingeklagten Restwerklohn für eine Fassadensanierung verteidigt sich die Auftraggeberin mit Gewährleistungsansprüchen. Der von der Auftraggeberin beauftragte Architekt hatte für die verfahrensgegenständliche Fassade Fugen mit 8 mm geplant. Noch vor Ausführung der Fassadenarbeiten äußerte die Auftragnehmerin den Wunsch, die ursprünglich geplanten vertikalen Fugen aus optischen Gründen schmaler auszubilden. Nachdem sich der Architekt beim Hersteller darüber informiert hatte, ob diese Lösung realisierbar ist, verständigten sich die Parteien auf eine von der ursprünglichen Planung abweichende Breite der Fugen von lediglich 2-3 mm; dies führte zu Mängeln, da die Breite der ausgeführten Fugen zwischen 0 mm und 8 mm variierte. Die Auftragnehmerin wendet ein Mitverschulden des planenden Architekten ein, das sich der Auftraggeber anrechnen lassen müsse. Der BGH gibt ihr Recht.

Aus den Gründen:

[23]a) Zu Recht nimmt das BerGer. an, dass sich die Bekl. im Rahmen des geltend gemachten Mängelbeseitigungsanspruchs das Planungsverschulden des Streithelfers gem. §§ 254 II 2, 278 BGB zurechnen lassen muss.

[24](1) Ein auf Seiten des Bestellers mitwirkendes Verschulden ist gem. §§ 254, 242 BGB auch gegenüber einem ein Verschulden nicht erfordernden Anspruch auf Mängelbeseitigung gem. § 633 BGB zu berücksichtigen (…). Dem Besteller obliegt es grundsätzlich, dem Unternehmer zuverlässige Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Bedient er sich für die ihm obliegenden Planungsaufgaben eines Architekten, ist dieser sein Erfüllungsgehilfe im Verhältnis zum Bauunternehmer, so dass der Besteller für das Verschulden des Architekten einstehen muss (…). Ein schuldhaftes Verhalten des mit der Planung beauftragten Architekten ist dem Besteller gem. § 278 BGB zuzurechnen, wenn dieser im Laufe der Bauausführung fehlerhafte Anordnungen erteilt, auf Grund derer von der ursprünglichen Planung abgewichen werden soll (…). Einer solchen Anordnung steht es gleich, wenn der Architekt zwar nicht einseitig eine Planungsänderung vorgibt, eine solche jedoch auf sein Betreiben hin einvernehmlich zwischen Besteller und Unternehmer vereinbart wird und der Architekt hinsichtlich dieser Änderung die Planungsverantwortung übernimmt. In einem solchen Fall kommt es nicht darauf an, ob der Unternehmer einen Änderungsvorschlag unterbreitet hat.

[25](2) So liegt der Fall hier. Nach den Feststellungen des BerGer. haben sich die Parteien auf maßgebliches Betreiben der Bekl. und des Streithelfers darauf geeinigt, die Breite der Vertikalfugen abweichend von der ursprünglichen Planung auf 2–3 mm zu reduzieren und nur in jeder dritten Vertikalfuge Haltewinkel anzubringen. Dadurch sollte einem Wunsch der Bekl. Rechnung getragen werden, das Gebäude schmaler erscheinen zu lassen. Für diese Planungsänderung hatte der Streithelfer die Planungsverantwortung übernommen. Ihm war als planendem Architekten nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrag (…) die Genehmigung der Ausführungsdetails vorbehalten. Zudem war der Kl. eine stete Abstimmung des Planungsgrades mit dem Streithelfer vorgegeben. Die Planungsverantwortung des Streithelfers sollte demnach sämtliche nachträglichen Planungsänderungen umfassen, mithin auch die zwischen den Parteien vereinbarte Reduzierung der Fugenbreite unter teilweisem Verzicht auf die herstellerseits vorgesehenen Haltewinkel. Dementsprechend hat sich der Streithelfer die Planungsänderung bezüglich der Fugenausführung zu eigen gemacht und diese maßgeblich verantwortlich mitgetragen. Das zeigt sich nicht nur daran, dass die Planungsänderung auf sein Betreiben vereinbart worden ist, sondern auch daran, dass er – wie das BerGer. festgestellt hat – bereits im Vorfeld eine beträchtliche Eigeninitiative entwickelt und Erkundigungen sowohl bei der Kl. als auch bei dem Hersteller bezüglich der Realisierbarkeit des Wunsches der Bekl. auf schmalere Vertikalfugen eingeholt hatte.


Fundstelle:

BGH,Urteil vom16.10.2014 –VII ZR 152/12= NJW 2014, 3645