Architektenhaftung
Haftung des Architekten bei Fehlern der Bauüberwachung (OLG Hamm vom 06.03.2013)Ein mit der Leistungsphase 9 der HOAI beauftragter Architekt ist berechtigt und verpflichtet, die aufgrund seines Verschuldens durchzuführenden Mängelbeseitigungsarbeiten zu überwachen. Der Auftraggeber kann keine Kosten für die Überwachung dieser Arbeiten verlangen, wenn der Architekt zur Erfüllung des Vertrages berechtigt und hierzu in der Lage ist.
Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)
Für den
Neubau eines Einfamilienhauses beauftragt der Bauherr den Architekten mit den
Leitungsphasen 1 bis 9 der HOAI. Der ausführende Bauunternehmer fällt kurz vor
Fertigstellung in Insolvenz. Ein Bausachverständiger stellt im weiteren Verlauf
erhebliche Baumängel fest. Nach einem selbständigen Beweisverfahren nimmt die
Klägerin den Architekten auf Ersatz der Kosten der durch eine Drittfirma
ausgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten und der Kosten für die Überwachung
dieser Arbeiten in Anspruch (sog. Regiekosten). Das Gericht verneint einen
Anspruch auf Ersatz der Regiekosten.
Aus den
Gründen:
„(…) Schließlich
kann die Klägerin für die weiter zuerkannten Mängelbeseitigungskosten den
Ersatz kalkulierter Regiekosten (…) nicht verlangen.
In diesem
Zusammenhang geht es nicht um die Nachbesserung mangelhafter
Architektenleistungen, zu denen der Architekt nach allgemeiner Auffassung nicht
berechtigt ist, wenn sich seine mangelhafte Leistung bereits im Bauwerk
verwirklicht, d. h. zu einem Baumangel geführt hat.
Vielmehr
fehlt es an einem Schaden der Klägerin, weil die Beklagte aus dem Ingenieur-
und Architektenvertrag vom 6.12.2003 zur Überwachung der Beseitigung von
Baumängeln verpflichtet ist. Mit dieser Leistung im Sinne der Leistungsphase 9
gemäß § 15 HOAI a. F. ist die Beklagte beauftragt worden. Die Parteien haben
das Vertragsverhältnis nicht beendet. Zur Leistungserbringung ist die Beklagte
deshalb weiterhin verpflichtet und auch berechtigt. Dieses Recht ist nicht im
Anschluss an eine erfolglos gesetzte Leistungsfrist erloschen. Auch hat sich
die unterbliebene Überwachung der Beseitigung von Baumängeln nicht im Bauwerk
mit der Folge realisiert, dass der Beklagten ein vertragliches Leistungsrecht
nicht mehr zusteht.
Dass der
Klägerin eine Inanspruchnahme der vertraglichen Leistungen der Beklagten, etwa
wegen eines nachhaltigen Vertrauensverlustes, nicht zumutbar ist, ist nicht
vorgetragen und nicht allein aufgrund des anhängigen Rechtsstreits ersichtlich.
Die Beklagte hat sich ausdrücklich zur Überwachung der Mängelbeseitigung und
insoweit zur Vertragserfüllung bereit erklärt. (…)“
Fundstelle: OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2013 - I-12 U 122/12