Menu

Architektenhaftung

Missachtung der Kostenvorstellung des Auftraggebers durch Architekt stellt Planungsmangel dar (BGH vom 21.03.2013).

Missachtet der Architekt bei einer Planung die Kostenvorstellungen seines Auftraggebers, so verletzt er seine vertraglichen Pflichten. Die Kostenvorstellungen des Auftraggebers werden Vertragsbestandteil. Der Architekt ist verpflichtet, von sich aus tätig zu werden, und im Rahmen der Grundlagenermittlung die Kostenvorstellung seines Auftraggebers zu erfragen. Die vom Auftraggeber dem Architekten gegenüber zum Ausdruck gebrachten Kostenvorstellungen werden jedenfalls dann regelmäßig Vertragsinhalt, wenn der Architekt ihnen nicht widersprochen hat. Kostenvorstellungen sind auch beachtlich, wenn sie keine genaue Bausummeobergrenze enthalten, sondern nur einen ungefähren Kostenrahmen.


Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt verklagte die Ehefrau eines Architekten dessen Auftraggeber auf Honorar. Der Beklagte hatte den Architekten mit der Planung für die Errichtung eines Wohnhauses beauftragt, der Architekt hatte die Planung durchgeführt. Der vom Beklagten unterzeichnete Bauantrag wies Baukosten von insgesamt 1,5 Mio DM aus. Zwar erging eine Baugenehmigung, der Beklagte realisierte das Bauvorhaben aber nicht, weil die tatsächlichen Baukosten seine dem Architekten gegenüber zum Ausdruck gebrachten Kostenvorstellungen in Höhe von 800.000 DM weit überschritten hätten. Daher verweigerte der Beklagte die Zahlung des Architektenhonorars in Höhe von 28.000 €.

Das Landgericht hatte die Honorarforderung voll zugesprochen, das Berufungsgericht hatte den zu zahlenden Betrag auf 25.000 € ermäßigt und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgte der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zu seinem Nachteil entschieden worden war, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Es ist sicherlich nicht überraschend, dass Kostenvorstellungen des Bauherrn beachtlich sein sollen; sie können im Einzelfall Leistungspflichten des Architekten auslösen. Genauso können sie eine Haftung des Architekten auslösen, auch wenn keine ausdrücklich übernommene Baukostengarantie oder ausdrücklich vereinbarte Baukostenobergrenze als Beschaffenheit der Architektenleistungen vorliegt. Interessant an der Entscheidung ist die Klärung der Frage, wie diese Kostenvorstellungen Vertragsbestandteil werden, und was der Architekt selbst tun muss, um die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Bauherrn herauszubekommen.

Aus dem Urteil ergibt sich, dass es Aufgabe des Architekten ist, entweder den Kostenrahmen selbst ungefragt zu erstellen und sich nach den dafür erforderlichen Angaben über die finanziellen Mittel des Bauherrn zu erkundigen, oder einen solchen Kostenrahmen als Vorleistung des Bauherrn vertraglich zu vereinbaren und abzufordern. Nach Aussage des BGH darf ohne verlässliche Kenntnis der wirtschaftlichen Möglichkeiten des Bauherrn nicht mit der Gebäudeplanung begonnen werden.

Damit die vom Architekten erfragten oder vom Auftraggeber mitgeteilten Kostenangaben Bestandteil des Vertrages werden, reicht es, dass die einzuhaltenden Kostenvorstellungen ausreichend zum Ausdruck gebracht wurden. Inwieweit der Auftraggeber seine Kostenvorstellungen ausreichend zum Ausdruck gebracht hat, muss durch Würdigung im Einzelfall ermittelt werden. Eine Erklärung, die Baukosten sollten maximal einen bestimmten Betrag nicht überschreiten, bringt die einzuhaltende Kostenvorstellung ausreichend zum Ausdruck. Solche Kostenvorstellungen muss der Architekt grundsätzlich im Rahmen der Grundlagenermittlung erfragen. Es kann nach den Umständen des Einzelfalls ausreichend sein, dass diese Vorstellungen von den am Aufklärungsgespräch mit dem Architekten beteiligten Familienmitgliedern geäußert wurden, und der Auftraggeber ihnen nicht widersprochen hat. Es genügt die anfänglich getätigte Erklärung des Bauherrn, dass die Baukosten einen bestimmten Betrag nicht übersteigen sollen, diese Vorstellung muss nicht ständig wiederholt werden. Hier ist es empfehlenswert, die Vorgabe zu Beweiszwecken schriftlich festzulegen.

Diese vom Auftraggeber im Rahmen der Grundlagenermittlung gegenüber dem Architekten geäußerten Kostenvorstellungen sind in dem Sinne verbindlich, dass sie den Planungsrahmen bestimmen und jedenfalls dann regelmäßig Vertragsbestandteil werden, wenn der Architekt ihnen nicht widerspricht, oder mitteilt, „er schaffe das schon.“ Die Kostenvorstellungen sind selbst dann beachtlich, wenn sie nicht eine genaue Bausummenobergrenze enthalten, sondern nur Angaben zur ungefähren Bausumme.

Das Urteil zeigt jedenfalls deutlich, dass der Architekt sowohl bei der Ermittlung als auch bei der Einhaltung der Bausummenobergrenze große Vorsicht an den Tag legen sollte, will er nicht seinen Anspruch auf das Honorar verlieren.


Fundstelle:

BGH, Urteil vom 21.03.2013 – VII ZR 230/11= NJW 2013, 1593.