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Architektenhaftung

Zurechnung von Planungsfehlern bei Beauftragung von zwei Architekten im Rahmen des Mitverschuldens? (OLG Celle vom 24.07.2014)

Beauftragt ein Bauherr verschiedene Architekten mit der Planung unterschiedlicher Bereiche und sind die Pläne des einen für die Planung des anderen von Bedeutung, muss der Bauherr sich etwaige Fehler in den Plänen des einen Architekten gegenüber dem anderen Architekten dann nicht im Sinne eines Verschuldens gegen sich selbst nach §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 BGB als Mitverschulden zurechnen lassen (…), wenn die Planungsfehler den Bereich betreffen, mit dessen Planung der andere Architekt selbst beauftragt war.

Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)

Die klagende Auftraggeberin (Schulträgerin) hatte mit dem Beklagten zu 1) einen Einheitsarchitektenvertrag über die Planung und Überwachung des Baus einer Grundschule vereinbart. Die Klägerin schloss zudem mit dem Beklagten zu 2) einen Vertrag über die Planung und Überwachung des Baus der Freianlagen des Neubaus der Grundschule.

Zwei Jahre nach Fertigstellung und Abnahme der Grundschule werden Feuchtigkeitsmängel (Schimmelbildung) festgestellt. Im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens wird festgestellt, dass der Schimmelbefall darauf zurückzuführen ist, dass die Entwässerungsfugen durch Gehwegplatten verdeckt sind, dadurch eine Entwässerung nicht möglich ist und ferner eine Dränschicht fehlt.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten gesamtschuldnerisch Schadensersatz wegen Planungsfehlern. Der Beklagte zu 2) meinte, dass er die Planung des Beklagten zu 1) mit Blick auf den Einbau der Gehwegplatten und der Sickerschicht ohne Verpflichtung einer Überprüfung dieser Planung habe übernehmen dürfen. Ferner müsse sich die Auftraggeberin gegenüber ihm ein Mitverschulden des Beklagten zu 1) anrechnen lassen.
Mit dieser Auffassung dringt er vor dem OLG Celle nicht durch. Das Gericht stellt fest, dass nicht nur die Planung des Beklagten zu 1), sondern auch diejenige des Beklagten zu 2) mangelhaft ist, da die Mangelhaftigkeit der Planung der sich an das Gebäude anschließenden Freianlagen durch den Beklagten zu 1) erkennbar war. Soweit der Beklagte zu 2) die Planung des Beklagten zu 1) ungeprüft übernimmt, vermag ihn dies – als mit eigenständigen Entwurfs- und Ausführungsplanungen beauftragten und bezahlten Architekten – nicht zu entlasten. Aus den Gründen:
„Soweit sich die Beklagte zu 2. im Hinblick auf die Frage eines Mitverschuldens der Klägerin wegen Fehlern des Beklagten zu 1. auf die Entscheidungen des BGH vom 27. November 2008 (Az.: VII ZR 206/06 …) und vom 15. Mai 2013 (Az.: VII ZR 257/11 ...) beruft, in denen dieser u. a. ausgeführt hat, dass den Bauherrn die Obliegenheit trifft, dem bauaufsichtsführenden Architekten mangelfreie Pläne zur Verfügung zu stellen und er sich das Verschulden des von ihm eingesetzten Planers zurechnen lassen muss, wenn er den bauaufsichtsführenden Architekten wegen eines übersehenen Planungsmangels in Anspruch nehmen will, helfen ihr - der Beklagten zu 2. - diese Entscheidungen nicht. In dem Urteil vom 15. Mai 2013 (a. a. O.) hat der BGH ausgeführt:

‚Der Senat hat entschieden (Urteil vom 27. November 2008 - VII ZR 206/06 …), dass den Auftraggeber in seinem Vertragsverhältnis zum bauaufsichtsführenden Architekten regelmäßig die Obliegenheit trifft, diesem einwandfreie Pläne zur Verfügung zu stellen. Der bauaufsichtsführende Architekt kann seine Aufgabe, eine mangelfreie Errichtung des Bauwerks herbeizuführen, nur auf der Grundlage mangelfreier Pläne sinnvoll wahrnehmen. Solche zu übergeben, liegt daher im eigenen Interesse des Auftraggebers. Überlässt er dem bauaufsichtsführenden Architekten fehlerhafte Pläne, verletzt er dieses Interesse im Sinne eines Verschuldens gegen sich selbst. Nach § 254 Abs. 2 Satz 2, § 278 BGB muss er sich die Mitverursachung des Schadens durch den von ihm beauftragten planenden Architekten zurechnen lassen, weil er sich des Architekten zur Erfüllung der ihn aus § 254 Abs. 1 BGB im eigenen Interesse treffenden Obliegenheit bedient hat. (…).‘

Diese Rechtsprechung hilft der Beklagten zu 2. hier deshalb nicht, weil der ihr gegenüber bestehende Vorwurf gerade darauf lautet, dass sie die falschen Planungen des Beklagten zu 1. ungeprüft übernommen hat. Der BGH hat die Anrechnung eines Mitverschuldens des Bauherrn wegen eines Fehlers des Planers in den zitierten Entscheidungen aber nur in dem Verhältnis zu dem Bauaufsichtführenden angenommen. Diese Konstellation liegt hier nicht vor, weil der Beklagten zu 2.die Olanung der Außenanlagen selbst oblag."

Fundstelle: OLG Celle, Urteil vom 24.07.2014 -16 U 59/13