Architektenhaftung
Zurechnung von Planungsfehlern bei Beauftragung von zwei Architekten im Rahmen des Mitverschuldens? (OLG Celle vom 24.07.2014)Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)
Die klagende Auftraggeberin (Schulträgerin) hatte mit dem
Beklagten zu 1) einen Einheitsarchitektenvertrag über die Planung und
Überwachung des Baus einer Grundschule vereinbart. Die Klägerin schloss zudem mit
dem Beklagten zu 2) einen Vertrag über die Planung und Überwachung des Baus der
Freianlagen des Neubaus der Grundschule.
Zwei Jahre nach Fertigstellung und Abnahme der Grundschule
werden Feuchtigkeitsmängel (Schimmelbildung) festgestellt. Im Rahmen eines
selbständigen Beweisverfahrens wird festgestellt, dass der Schimmelbefall darauf
zurückzuführen ist, dass die Entwässerungsfugen durch Gehwegplatten verdeckt
sind, dadurch eine Entwässerung nicht möglich ist und ferner eine Dränschicht
fehlt.
Die Klägerin begehrt von den Beklagten gesamtschuldnerisch
Schadensersatz wegen Planungsfehlern. Der Beklagte zu 2) meinte, dass er die
Planung des Beklagten zu 1) mit Blick auf den Einbau der Gehwegplatten und der
Sickerschicht ohne Verpflichtung einer Überprüfung dieser Planung habe
übernehmen dürfen. Ferner müsse sich die Auftraggeberin gegenüber ihm ein
Mitverschulden des Beklagten zu 1) anrechnen lassen.
Mit dieser Auffassung
dringt er vor dem OLG Celle nicht durch. Das Gericht stellt fest, dass nicht nur
die Planung des Beklagten zu 1), sondern auch diejenige des Beklagten zu 2)
mangelhaft ist, da die Mangelhaftigkeit der Planung der sich an das Gebäude
anschließenden Freianlagen durch den Beklagten zu 1) erkennbar war. Soweit der
Beklagte zu 2) die Planung des Beklagten zu 1) ungeprüft übernimmt, vermag
ihn dies – als mit eigenständigen Entwurfs- und Ausführungsplanungen
beauftragten und bezahlten Architekten – nicht zu entlasten. Aus den Gründen:
„Soweit sich die Beklagte zu 2. im Hinblick
auf die Frage eines Mitverschuldens der Klägerin wegen Fehlern des Beklagten zu
1. auf die Entscheidungen des BGH vom 27. November 2008 (Az.: VII ZR 206/06 …)
und vom 15. Mai 2013 (Az.: VII ZR 257/11 ...) beruft, in denen dieser u. a.
ausgeführt hat, dass den Bauherrn die Obliegenheit trifft, dem
bauaufsichtsführenden Architekten mangelfreie Pläne zur Verfügung zu stellen
und er sich das Verschulden des von ihm eingesetzten Planers zurechnen lassen
muss, wenn er den bauaufsichtsführenden Architekten wegen eines übersehenen
Planungsmangels in Anspruch nehmen will, helfen ihr - der Beklagten zu 2. -
diese Entscheidungen nicht. In dem Urteil vom 15. Mai 2013 (a. a. O.) hat der
BGH ausgeführt:
‚Der Senat hat entschieden (Urteil vom 27. November 2008 - VII
ZR 206/06 …), dass den Auftraggeber in seinem Vertragsverhältnis zum
bauaufsichtsführenden Architekten regelmäßig die Obliegenheit trifft, diesem
einwandfreie Pläne zur Verfügung zu stellen. Der bauaufsichtsführende Architekt
kann seine Aufgabe, eine mangelfreie Errichtung des Bauwerks herbeizuführen,
nur auf der Grundlage mangelfreier Pläne sinnvoll wahrnehmen. Solche zu übergeben,
liegt daher im eigenen Interesse des Auftraggebers. Überlässt er dem
bauaufsichtsführenden Architekten fehlerhafte Pläne, verletzt er dieses
Interesse im Sinne eines Verschuldens gegen sich selbst. Nach § 254 Abs. 2 Satz
2, § 278 BGB muss er sich die Mitverursachung des Schadens durch den von ihm
beauftragten planenden Architekten zurechnen lassen, weil er sich des
Architekten zur Erfüllung der ihn aus § 254 Abs. 1 BGB im eigenen Interesse
treffenden Obliegenheit bedient hat. (…).‘
Fundstelle: OLG Celle, Urteil vom 24.07.2014 -16 U 59/13