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Haftung des Bauherrn

Aufrechnung gegen Werklohnanspruch mit verjährtem Schadensersatzanspruch (OLG München vom 06.12.2011)

Der Erwerber kann gegen den Werklohnanspruch des Bauträgers mit einem verjährten Schadensersatzanspruch aus dem gleichen Vertragsverhältnis aufrechnen, auch wenn er den Schadensersatzanspruch erst nach Ablauf der in § 634 a BGB bestimmten Frist gewählt hat.

Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)

In dem vom OLG München entschiedenen Fall hatte der klagende Bauträger die beklagten Erwerber auf die Zahlung restlichen Werklohns in Anspruch genommen. Die Erwerber haben mit einem Schadensersatzanspruch wegen verschiedener Mängel des erworbenen Objekts die Aufrechnung erklärt. Die Beklagten hatten in erster Instanz aus dem Schadensersatzanspruch zunächst ein Leistungsverweigerungsrecht abgeleitet, nach der Entscheidung des OLG München können die Beklagten dennoch mit dem - zwischenzeitlich verjährten -  Schadensersatzanspruch aufrechnen.

Aus den Gründen:

„Zutreffend geht die klagende Bauträgerin von der Fälligkeit ihres Klageanspruchs auf Restwerklohn aus, den sie in zweiter Instanz in Höhe von 13 465 Euro nebst Zinsen weiterverfolgt. Der Fälligkeit treten die beklagten Erwerber nicht entgegen. Sie haben nach eigenem Bekunden Ende August 2004 die Abnahme der geschuldeten Doppelhaushälfte unter Mängelvorbehalt erklärt. Trotz des Mängelvorbehalts und unabhängig vom objektiven Vorliegen der Abnahmereife wurde durch die Abnahme das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß vom Besteller entgegengenommen und dadurch die Fälligkeit des Werklohnanspruchs herbeigeführt (§ 641 BGB).

Die in der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2011 von den Bekl. erklärte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen in Höhe des Mangelbeseitigungsaufwands gemäß den beiden gerichtlich erholten Gutachten bringt die Klageforderung überwiegend zum Erlöschen.

Den Bekl. stand ein Recht zur Wahl des Schadensersatzanspruchs wegen der in den Prozess eingeführten Mängel nach § 634 Nr.4 BGB zu.

Unter anderem mit Schreiben vom 06.09.2004 und 12.10.2004 setzten die Bekl. der Kl. Fristen zur Mangelbeseitigung. Die Kl. beseitigte die Mängel jedoch nicht. Nach §§ 634, 280 III, 281 BGB stand daher den Bekl. das Recht zu, wegen der vorbehaltenen Mängel Schadensersatz zu verlangen. Die Bekl. hatten die Mängel mit ihrer Klageerwiderung vom 28. 4. 2005 zunächst zur Begründung eines Leistungsverweigerungsrechts nach § 641 III BGB (i. d. F. v. 02.01.2002) im vorliegenden Prozess geltend gemacht. Hierdurch haben die Bekl. jedoch noch nicht ein Wahlrecht i. S. von § 634 BGB ausgeübt. Entgegen der Ansicht der Kl. stand den Bekl. das Wahlrecht durchgängig bis zur erstmaligen Ausübung im Schriftsatz vom 21. 12. 2009 zu. Sie mussten daher nicht etwa durch erneute Fristsetzungen erneut die Grundlagen des Wahlrechts schaffen. (…)

Die Kl. kann gegen die Schadensersatzansprüche nicht mit Erfolg die Einrede der Verjährung vorbringen (§ 214 I BGB). Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs nach § 634 a I BGB im August 2009 steht der Aufrechnung nicht entgegen. Denn nach § 215 BGB genügt es, wenn – wie hier – in nicht verjährter Zeit die Leistung erstmals nach § 641 III BGB verweigert werden konnte. Dazu bedurfte es der Ausübung des Wahlrechts nicht. Aus § 215 BGB folgt die Vorwirkung einer erst später durch Wahlrechtsausübung aus dem Leistungsverweigerungsrecht hervorgegangenen Aufrechnungslage. Dies gebietet schon die synallagmatische Leistungsbeziehung, aus der sowohl der eingeklagte Restwerklohnanspruch wie auch der aufgerechnete Schadensersatzanspruch abgeleitet sind. (…)

Die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen führt zu einer überwiegenden Tilgung der Klageforderung.“


Fundstelle: OLG München, Urteil vom 06.12.2011 - Az. 9 U 424/11