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Haftung des Bauherrn

Ersatz der Kosten für unnötig aufwändige Methode der Mängelbeseitigung (BGH vom 07.03.2013)

Der Auftraggeber kann gem. § 4 Nr. 7 S. 1 (jetzt § 4 Absatz VII 1) VOB/B vor der Abnahme verlangen, dass bereits vorhandene Mängel beseitigt und das Werk vertragsgerecht hergestellt wird. Er kann jedoch, wie nach der Abnahme, keine bestimmte Art der Mängelbeseitigung oder vertragsgerechten Herstellung verlangen, wenn der Vertrag auch auf andere Weise erfüllt werden kann. Neuherstellung kann der Auftraggeber nur dann fordern, wenn die vertragsgerechte Erfüllung auf andere Weise nicht möglich ist.

Der sachkundig beratene Auftraggeber kann regelmäßig die Fremdnachbesserungskosten verlangen, die ihm auf Grund dieser Beratung entstanden sind. Der Auftragnehmer hat die Kosten selbst dann zu erstatten, wenn sich die zur Mängelbeseitigung ergriffenen Maßnahmen im Nachhinein als nicht erforderlich erweisen.

Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)

Der klagende Auftraggeber nimmt den Auftragnehmer auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten in Anspruch. Der Auftraggeber hatte den Auftragnehmer auf der Grundalge eines VOB/B-Werkvertrages mit Fensterarbeiten beauftragt. Noch vor Abnahme zeigen sich Mängel an den Fenstern (Undichtigkeit). Der vom Auftraggeber hinzugezogene Sachverständige stellt fest, dass zur Mängelbeseitigung ein kompletter Austausch der Fenster erforderlich sei. Der Auftraggeber lehnt dies ab mit der Begründung, ein Austausch bestimmter Dichtungen sei ausreichend. Nach Verstreichen der mit Kündigungsandrohung versehenen Nachbesserungsfrist kündigt der Auftraggeber den Vertrag und lässt die Fenster auswechseln. Die ihm dadurch entstandenen Kosten verlangt er vom Auftragnehmer. Der gerichtliche Sachverständige gelangt zu der Feststellung, dass tatsächlich ein Austausch der Dichtungen ausreichend gewesen wäre. Gleichwohl spricht der BGH dem Auftraggeber die Forderung zu.

Aus den Gründen:

Gemäß § 8 Nr. 3 II 1 VOB/B kann der Auftraggeber nach Kündigung § 4 Nr. 7 S. 3, § 8 Nr. 3 I VOB/B) den noch nicht vollendeten Teil der Leistungen zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen lassen und Ersatz des etwa entstehenden weiteren Schadens ersetzt verlangen. Der Auftraggeber kann Erstattung der Fremdnachbesserungskosten verlangen, die er als vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Beauftragung des Dritten für angemessen halten durfte, wobei es sich um eine vertretbare Maßnahme der Schadensbeseitigung handeln muss. Hat er sich sachkundig beraten lassen, kann er regelmäßig die Fremdnachbesserungskosten verlangen, die ihm auf Grund dieser Beratung entstanden sind. Das mit der sachkundig begleiteten Beurteilung einhergehende Risiko einer Fehleinschätzung trägt der Auftragnehmer. Dieser hat deshalb die Kosten selbst dann zu erstatten, wenn sich die zur Mängelbeseitigung ergriffenen Maßnahmen im Nachhinein als nicht erforderlich erweisen. (…)Die Kl. hat ihre Entscheidung, zur Mängelbeseitigung Fenster auszutauschen, auf der Grundlage sachverständiger Beratung getroffen. Sowohl der im Einvernehmen aller Parteien hinzugezogene Sachverständige Ib als auch die Bekl. zu 1 haben den Austausch der Fenster gegen solche mit verstärkten Profilen für erforderlich gehalten. Der Austausch der Fenster war geeignet, die Regenundichtigkeit zu beseitigen. Die Kl. durfte deshalb – wenn die Voraussetzungen der Ersatzvornahme vorlagen – als wirtschaftlich und vernünftig denkende Bauherrin diese Maßnahme beauftragen. Dass der im Nachhinein vom BerGer. bestellte Gutachter einen Austausch der Fenster nicht für erforderlich hielt, geht zu Lasten der Bekl. (…) und kann der Kl. nicht entgegengehalten werden.

Das Urteil des BGH bestätigt, dass es grundsätzlich das Risiko des Auftragnehmers ist, dass sich der Auftraggeber aufgrund fachkundiger Beratung für eine Art der Mängelbeseitigung entscheidet, die objektiv nicht erforderlich ist. Dieser Grundsatz gilt bis zur Grenze der Unvertretbarkeit der Mängelbeseitungsmaßnahmen.

Fundstelle: BGH, Urteil vom 07.03.2013 - VII ZR 119/10 = NJW 2013, 1528