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Haftung des Bauherrn

Kein Schadenersatzanspruch der Witwe eines Architekten bei Urheberrechtsverletzung (OLG Düsseldorf vom 19.02.2013)

Wenn ein Bauherr in das Urheberrecht des von ihm beauftragten Architekten eingreift, kann diesem ein immaterieller Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG zukommen. Dieser Anspruch geht allerdings nicht auf die Erben über.

Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)

Der Entscheidung des OLG Düsseldorf lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Ein mittlerweile schon verstorbener Architekt hatte Mitte der 1960er Jahre eine Schule errichtet. Der Bauherr plante 2008 umfangreiche Sanierungs- und Umbauarbeiten. Die klagende Witwe des verstorbenen Architekten verlangte Auskunft über die geplanten Maßnahmen und machte Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten immateriellen Schadenersatzes wegen Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts ihres verstorbenen Gatten geltend. Daneben machte sie Kosten in Höhe von 18.000 € für ein Privatgutachten geltend, welches sie zur Klärung der Frage in Auftrag gegeben hatte, ob es sich bei dem Bauwerk um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handele. Das OLG Düsseldorf lehnte alle Ansprüche der Klägerin ab.

Ein Anspruch auf eine angemessene Entschädigung für die vom Bauherrn vorgenommenen Veränderungen am Bauwerk bestehe nicht. Ein Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 2 S. 4 i.V.m. §§ 28, 30 UrhG gewährt dem Urheber auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Geldentschädigung. Dieser Anspruch stehe aber nur dem Architekten selbst zu, und gehe nicht auf die Erben über. Das Urheberpersönlichkeitsrecht richte sich nach dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Bei diesem stehe den Erben im Falle einer Verletzung des postmortale Persönlichkeitsrechts kein Schmerzensgeld zu. Das selbe müsse auch für das postmortale Urheberpersönlichkeitsrecht gelten, dem ein geringes Gewicht beizumessen sei als zu Lebzeiten des Urhebers. Das Gericht entschied daher, dass ein eigener Anspruch des Erben auf Genugtuung aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht nicht begründet werde, da die starke innere Bindung des Urhebers an sein Werk in der Person des Erben nicht fortlebe.

Auch ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Sachverständigengutachten bestehe nicht, da es sich selbst bei Annahme eines urheberrechtlichen Schadensersatzanspruches nicht um einen ersatzfähigen Schaden handeln würde. Der Geschädigte sei zur Schadensminderung verpflichtet. Die Kosten für ein Gutachten seien nur ersatzfähig, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig sei (BGH NJW 2007, 1450). Das hier eingeholte Gutachten sei aber weder erforderlich noch zweckmäßig gewesen,denn das Gericht könne aus eigener Sachkunde beurteilen, ob es sich bei dem Gebäude um eine geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 2 UrhG handele.

Der Auskunftsanspruch bestehe nicht. Aus dem Urheberrechtsgesetz ergebe sich kein solcher Anspruch, und auch aus Treu und Glauben könne er nicht begründet werden. Der Anspruch auf Auskunftserteilung nach Treu und Glauben setze voraus, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen gelassen wurde. Hier hatte die Klägerin aber klargestellt, drohende Veränderung nicht mittels einer einstweiligen Verfügung verhindern zu wollen, so dass sie der Auskunft über geplante oder laufende Baumaßnahmen nicht bedürfe.

Interessant ist insbesondere, dass die Witwe nicht versucht hat, die Änderungen zu verhindern, etwa durch eine einstweilige Verfügung, sondern es ihr darum ging, aus den behaupteten Eingriffen in das Urheberrecht ihres verstorbenen Gatten finanziellen Profit zu schlagen. Daher wies das OLG den Anspruch auf eine solche Entschädigung ab.

Fundstelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2013 - I-20 U 48/12