Haftung des Bauherrn
Nichtigkeit eines Werkvertrages mit „Ohne-Rechnung-Abrede“ (OLG Schleswig vom 21.12.2012)Treffen die Parteien eines Werkvertrages eine Abrede, wonach der Werklohn „schwarz“ bezahlt werden soll, ist – in Abweichung der Rechtsprechung des BGH – der gesamte Werkvertrag nichtig. Der Besteller kann daher aus einem solchen Vertrag keine Mängelrechte herleiten.
Ansprechpartner: Dr. Frank Zentz, LL.M. (Emory)
Die Parteien
vereinbarten im Mai 2008, dass der Beklagte die etwa 170 m2große Auffahrt
zum Grundstück des Klägers pflastert. Die klagende Auftraggeberin stellte das
Material, der Beklagte führte die Pflasterarbeiten durch. Im Rahmen eines im
weiteren Verlauf durchgeführten selbständigen Beweisverfahrens wurde
festgestellt, dass zur Mängelbeseitigung Kosten in Höhe von rund € 6.000,00 brutto
erforderlich sind. Diese Kosten begehrt die Klägerin vom Beklagten sowie die
Feststellung, dass dieser auch die weiteren Mängelbeseitigungskosten sowie
Schäden zu ersetzen habe. Das OLG Schleswig hebt im Berufungsverfahren das zusprechende
Urteil des Landgerichts auf.
Aus den Gründen:
„Bei ihrer
persönlichen Anhörung im Termin vom 28. September 2012 hat die Klägerin
angegeben, die Parteien hätten vereinbart, dass die Bezahlung des Beklagten
ohne Rechnung und ohne Abführung von Umsatzsteuer erfolgen solle. (…)
Zwar ist
auch der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Parteien einen Werkvertrag
geschlossen haben. Jedoch ist dieser Werkvertrag nichtig und die Klägerin kann
aufgrund dessen keine Gewährleistungsrechte gegen den Beklagten geltend machen.
(…) Der zwischen
den Parteien geschlossene Werkvertrag ist gemäß § BGB § 134 BGB nichtig. (…)
Die Parteien
haben nämlich gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen, indem sie eine
Schwarzgeldabrede getroffen, das heißt vereinbart haben, dass die Werkleistung
ohne Rechnung erbracht wird, damit der entsprechende Umsatz den Steuerbehörden
verheimlicht werden kann und die Klägerin dadurch einen Preisvorteil erzielt.
Dass die Parteien eine entsprechende Abrede getroffen haben, steht aufgrund der
Angaben der Klägerin selbst fest. Sie hat im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung
angegeben, die Parteien hätten vereinbart, dass der Werklohn in Höhe von
1.800,00 € ohne Rechnung bezahlt werden solle, das heißt bar ohne Umsatzsteuer.
Die
Bestimmungen des § 1 Abs. 2 SchwarzArbG sind Verbotsgesetze im Sinne des § 134
BGB. Verstoßen beide Vertragsparteien dagegen, so führt dies zur Nichtigkeit
des Werkvertrages (…). Das folgt aus einer Auslegung des Schutzzwecks des § 1
SchwarzArbG. Dem Zweck, die Bekämpfung von Schwarzarbeit zu intensivieren, ist
am besten gedient, wenn ein Verstoß gegen ihre Erscheinungsformen zu einer
Gesamtnichtigkeit des Vertrages führt (…). Eine Teilnichtigkeit nur der Abrede,
keine Rechnung für die Werkleistung zu stellen, würde nicht die notwendige
Abschreckungswirkung entfalten. (…)
Der
Bundesgerichtshof hat in zwei Entscheidungen aus dem Jahr 2008 (VII ZR 42/07
und VII ZR 140/07) (…) entschieden, dass der Werkunternehmer sich bei einem
Bauvertrag nach Treu und Glauben nicht auf die Nichtigkeit des Vertrages
aufgrund einer Ohne-Rechnung-Abrede berufen dürfe, um seinen
Gewährleistungspflichten zu entgehen. Es könne offenbleiben, ob der Verstoß
gegen ein gesetzliches Verbot die Berufung auf Treu und Glauben ausschließe.
Denn der Werkvertrag sei aufgrund der Ohne-Rechnung-Abrede nicht ohne weiteres
nichtig, nichtig sei nur diese Abrede selbst. Der übrige Vertrag werde allenfalls
unter Anwendung des § 139 BGB nichtig. Diese Bestimmung sei jedoch disponibel.
Der Verstoß gegen Treu und Glauben folge aus der spezifischen Interessenlage
der Parteien. Bei einem Bauvertrag erbringe der Unternehmer regelmäßig
Leistungen an dem Grundstück des Bestellers. Eine Rückabwicklung des Vertrages
stoße gewöhnlich auf erhebliche Schwierigkeiten. Der Besteller werde bei einer
mangelhaften Bauleistung belastet, weil sein Eigentum durch das mangelhafte
Werk beeinträchtigt werde. Diese spezifische Interessenlage sei für den
Unternehmer erkennbar, der den nichtigen Bauvertrag durch die Erbringung seiner
Leistung ins Werk setze. Er setze sich zu seinem bisher auf Erfüllung des
Vertrages gerichteten Verhalten in Widerspruch, wenn er sich nunmehr auf die
Nichtigkeit des Vertrages berufe.
Diese
Entscheidung ist indes zu einer überholten Rechtslage ergangen - die
streitgegenständlichen Verträge waren vor 2004 geschlossen worden -, bei der
allein Steuervorschriften als Verbotsgesetz herangezogen werden konnten und
allein zur Nichtigkeit der Ohne-Rechnung-Abrede führten. Gegenüber dieser
Rechtslage hat der Gesetzgeber in der Zwischenzeit durch die Änderung des
Schwarzarbeitsgesetzes und des Umsatzsteuergesetzes seine Missbilligung von
Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Erbringung von Bauleistungen
verdeutlicht. Seit der Einführung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG mit Wirkung
ab dem 1. August 2004 handelt es sich bei dieser Vertragsgestaltung um einen
Tatbestand der Schwarzarbeit. Außerdem wurde mit § 14 Absatz 2 Nr. 1 UStG die
Rechnungslegungspflicht des Unternehmers gegenüber Privaten bei der Erbringung
von Bauleistungen festgelegt. Wie auch sonst bei Verstößen gegen das
Schwarzarbeitsgesetz ist per se der gesamte Vertrag nichtig, nicht nur die
Abrede über die Steuerhinterziehung. Eines Rückgriffes auf § 139 BGB bedarf es
insoweit nicht mehr. Zu derselben Folge führt die Überlegung, dass die
getroffene Schwarzgeldabrede wegen ihrer Auswirkung auf die Preisvereinbarung
und damit auf einen wesentlichen Bestandteil des Vertrages infolge ihrer
Nichtigkeit den gesamten Vertrag zusammenbrechen lässt.
Unabhängig
davon begegnet die Anwendung des § 242 BGB grundsätzlichen Bedenken. Sie darf
nämlich nicht dazu führen, den Schutzzweck eines Verbotsgesetzes im Sinne des §
134 BGB zu umgehen (…). Der Zweck des § 1 SchwarzArbG würde aber gerade
umgangen, würde man den Vertragsparteien vertragliche Ansprüche zubilligen,
weil dann Schwarzarbeit tendenziell ohne Risiko wäre.“
Das OLG Schleswig hat seine Entscheidung ausführlich und sorgfältig begründet. Allerdings weicht das Gericht mit dieser Entscheidung von der Rechtsprechung des BGH ab, weswegen es auch die Revision zugelassen hat. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH den Argumenten des OLG Schleswig folgt.
Fundstelle: OLG Schleswig, Urteil vom 21.12.2012 - 1 U 105/11 = IBR 2013, 210 (nicht rechtskräftig)