Menu

Beiträge und Entscheidungen/ Haftpflichtrecht

Keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bei einer Rinne im Eingangsbereich eines nach erkennbar historischem Vorbild errichteten Gebäudes in einem Tierpark (OLG Schleswig, Beschluss v. 23.03.2016)

In einem Tierpark muss ganz generell mit unebenen Wegen und unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten gerechnet werden, weshalb der Besucher keine glatten Wege und Plätze ohne jegliche Unebenheiten erwarten kann.


Ansprechpartner: Nicole Tassarek-Schröder

Die Klägerin war beim Betreten eines auf dem Gelände des Tierparks befindlichen Bauernhofs aufgrund unterschiedlicher Pflasterung des Bodens bzw. eines Niveauunterschieds gestürzt und hatte sich erheblich verletzt.

Das OLG Schleswig führt in seinem Zurückweisungsbeschluss aus, dass den Beklagten keine Pflicht treffe, die vorhandene Rinne im Eingangsbereich des Gebäudes zu beseitigen bzw. davor in besonderer Weise zu warnen. Grundsätzlich sei zwar derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schafft, verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern. Erforderlich seien dabei aber nur diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger Angehöriger des betroffenen Verkehrskreises für notwendig und ausreichend ansehen darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren. Maßgebend seien dabei die Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs.

In einem Tierpark sei schon ganz generell mit unebenen Wegen und unterschiedlicher Bodenbeschaffenheit zu rechnen. Der Besucher erwarte daher nicht glatte Wege und Plätze ohne jegliche Unebenheiten. Auch bei Gebäuden, die erkennbar nach historischem Vorbild errichtet worden sind, sei nicht mit einer Bodenbeschaffenheit wie bei modernen Gebäuden zu rechnen. Insbesondere im Eingangsbereich eines solchen Gebäudes könne von dem Besucher besondere Aufmerksamkeit erwartet werden; umgekehrt könne der Besucher nicht für jede Unebenheit und für jeden Höhenunterschied Warnhinweise erwarten.

Die Klägerin treffe zudem ein eine etwaige Ersatzpflicht des Beklagten ausschließendes Mitverschulden. Gerade in dem Eingangsbereich eines Gebäudes, in dem mit Schwellen, Stufen oder sonstigen Veränderungen gerechnet werden muss, ist erhöhte Aufmerksamkeit notwendig. Dies gilt hier umso mehr als beim Betreten des Gebäudes von einem hellen sonnigen in einen dunklen, schattigen Bereich hineingetreten werden musste. Da bekanntermaßen das Auge eine gewisse Zeit brauche, um sich auf veränderte Lichtverhältnisse einzustellen, müsse das Betreten langsam und mit besonderer Vorsicht erfolgen. Diese Vorsicht ließ die Klägerin offensichtlich nicht walten, denn sonst hätte sie die Unebenheit und den Höheunterschied bemerkt und ihren Fuß nicht an diese Stelle gesetzt.


Fundstelle: OLG Schleswig v. 23.03.2016 - 11 U 97/15 = BeckRS 2016, 07413