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Beiträge und Entscheidungen/ Haftpflichtrecht

Zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht für Aufzugsanlagen (OLG Düsseldorf v. 26.04.2016)

Der Betreiber einer Aufzugsanlage kann angesichts deren technischer Komplexität nicht selbst für die ordnungsgemäße Instandhaltung und Kontrolle sorgen. Lässt er die Anlage in angemessenen Intervallen von einer zuverlässigen Fachfirma warten und die vorgeschriebenen Kontrollen vom TÜV durchführen, genügt er seiner Verkehrssicherungspflicht. Er ist außerdem nicht verpflichtet, die Anlage dem neuesten technischen Standard anzupassen, selbst wenn sich die Sicherheitsbestimmungen seit der Errichtung der Anlage verschärft haben.


Ansprechpartner: Nicole Tassarek-Schröder

Die bei der Klägerin krankenversicherte Geschädigte war in dem von ihr bewohnten Seniorenheim (Beklagte) zwischen den Türen des dortigen Aufzugs eingeklemmt worden und erlitt hierbei Verletzungen an den Beinen. Die Klägerin verlangte die von ihr getragenen Behandlungskosten. Das OLG Düsseldorf entschied, dass der Klägerin kein Anspruch gegen die Beklagte zustehe, da sich weder eine Pflichtverletzung noch ein Verschulden der Beklagten feststellen lasse.

Zwar oblägen der beklagten Heimbetreiberin aus den jeweiligen Heimverträgen Obhutspflichten zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Heimbewohner. Insoweit bestehe auch eine inhaltsgleiche Verkehrssicherungspflicht. Die Beklagte habe diese jedoch erfüllt, indem sie die Aufzugsanlage regelmäßig von einer Fachfirma habe warten und die vorgeschriebenen TÜV-Kontrollen habe durchführen lassen. Allein die Tatsache, dass am Schadenstag ein unaufklärbarer technischer Defekt vorgelegen habe, lasse keinen Rückschluss auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zu.

Die Beklagte sei insbesondere auch nicht verpflichtet gewesen, die im Jahr 1986 errichtete Aufzugsanlage den aktuellen Sicherheitsstandards anzupassen. Der Verkehrssicherungspflicht ist vielmehr genügt, wenn die nach den technischen Möglichkeiten erreichbare Sicherheit geboten wird, wobei auf den Zeitpunkt des Einbaus der Anlage abzustellen ist. Wollte man aus der Verkehrssicherungspflicht ableiten, dass stets der neueste Sicherheitsstandard einzuhalten ist, müsste der Betreiber einer technischen Einrichtung seine Anlagen ständig erneuern, ohne die kostspieligen Investitionen armortisieren zu können. Bei einer älteren Fahrstuhlanlage muss deshalb nur diejenige Verkehrssicherheit geboten werden, die bei Ausnutzung der vorhandenen technischen Einrichtungen in einwandfrei funktionierendem Zustand geboten werden kann (vgl. auch OLG Frankfurt a.M., VersR 2002, 249).

Fundstelle: OLG Düsseldorf v. 26.04.2016 - I-24 U 144/15 = VersR 2017, 306 ff.