Beiträge und Entscheidungen/ Haftpflichtrecht
Keine Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche bei nicht nachvollziehbarer Gestaltung der Bewerbungsunterlagen (ArbG Bayreuth vom 13.10.2011)Einem schwerbehinderten Bewerber, der entgegen der Vorschrift des § 82 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, stehen dann keine Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche zu, wenn er die Bewerbung lediglich mit dem Ziel eingereicht hat, eine Entschädigung nach dem AGG zu erhalten. Ein Indiz für eine fehlende Ernsthaftigkeit der Bewerbung ist nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts Bayreuth darin zu sehen, dass der Bewerber durch die Gestaltung seiner Bewerbungsunterlagen die Wahrscheinlichkeit eines Übersehens seiner Schwerbehinderteneigenschaft auf ein Maximum erhöht hat.
Ansprechpartner: Eva-Maria Rönsberg, Fachanwältin für Verwaltungsrecht
Dem vom Arbeitsgericht Bayreuth entschiedenen Fall lag
folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger hatte sich mit einer 38 Seiten
umfassenden Bewerbung bei einer Kommune auf eine ausgeschriebene Stelle
beworben. Weder in seinem Anschreiben noch in dem zweiseitigen Lebenslauf hatte
der Kläger auf seine Schwerbehinderung hingewiesen. Vielmehr hatte der Kläger lediglich
auf Blatt 33 der Bewerbung zwischen mehreren Zeugnissen bzw. Zertifikaten, die für
die zu besetzende Stelle nur noch von untergeordneter Bedeutung waren, eine
Kopie seines Schwerbehindertenausweises beigefügt. Ein nachvollziehbares
Argument, die Kopie des Schwerbehindertenausweises an dieser Stelle zu platzieren,
war nicht erkennbar. Ein Anlagenverzeichnis enthielt die Bewerbung ebenfalls
nicht. Die beklagte Gemeinde übersah die Schwerbehinderteneigenschaft des
Klägers und hat den Kläger daher - entgegen der Vorschrift des § 82 SGB IX -
nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Der Kläger begehrt nun Schadensersatz-
oder Entschädigungsansprüche nach dem AGG.
In diesem Zusammenhang hat das Arbeitsgericht Bayreuth entschieden,
dass der Kläger sich nicht ernsthaft um die ausgeschriebene Stelle beworben
hatte, so dass Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche nach dem AGG
ausscheiden. Denn die Gestaltung der Stellenanzeige habe den Zweck verfolgt,
die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass der mit den Bewerbungen befasste
Mitarbeiter der Gemeinde die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers
übersieht. Hätte dem Kläger tatsächlich daran gelegen, zu dem
Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden, hätte er nach Auffassung des Arbeitsgerichts
Bayreuth - wie ein zielorientierter, ernsthafter Bewerber - auf seine
Schwerbehinderung, welche eine sichere Eingangstür zum Bewerbungsgespräch
darstellt, erkennbar deutlicher hingewiesen.
Fundstelle:
ArbG Bayreuth, Urteil vom 13.10.2011, Az.: 4 Ca 339/11