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Beiträge und Entscheidungen/ Haftpflichtrecht

Zum Auskunftsanspruch abgelehnter Bewerber (EuGH vom 19.04.2012)

Mit Urteil vom 19.04.2012 hat der EuGH bestätigt, dass erfolglose Bewerber um eine ausgeschriebene Stelle zwar keinen Auskunftsanspruch hinsichtlich der Auswahlkriterien gegen den Arbeitgeber geltend machen können, um diese Kriterien anschließend einer Rechtmäßigkeitskontrolle zu unterziehen. Allerdings stellt der EuGH fest, dass die kategorische Verweigerung sämtlicher Informationen zum Auswahlverfahren das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lässt, so dass die Beweislast zulasten des Arbeitgebers umgekehrt wird.


Ansprechpartner: Eva-Maria Rönsberg, Fachanwältin für Verwaltungsrecht

Dem Urteil liegt folgender Fall zugrunde: Die 1961 geborene Klägerin ist russischer Herkunft. Sie ist Inhaberin eines Diploms als Systemtechnik-Ingenieurin. Mit einer Stellenanzeige suchte ein Unternehmen „eine/n erfahrene/n Softwareentwickler/-in“. Die Klägerin bewarb sich auf diese Anzeige. Ohne zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein und ohne Angabe von Gründen wurde die Bewerbung der Klägerin abgelehnt. Die Klägerin meint, dass sie die Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle voll erfülle und nur wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihrer ethnischen Herkunft ungünstiger behandelt worden sei als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Sie erhob daher Klage und beantragte u.a., das Unternehmen zur Vorlage der Bewerbungsunterlagen des eingestellten Bewerbers zu verurteilen, um ihr den Nachweis zu ermöglichen, dass sie besser qualifiziert sei als der letztlich eingestellte Bewerber.
Der EuGH hat zunächst darauf hingewiesen, dass grundsätzlich allein derjenigen, der sich durch die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, Tatsachen glaubhaft zu machen hat, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen. Nur wenn solche Tatsachen glaubhaft gemacht sind, habe der Arbeitgeber nachzuweisen, dass keine Verletzung des Diskriminierungsverbots vorliegt.
Jedoch haben die Gerichte darüber zu wachen, dass die Auskunftsverweigerung des Arbeitgebers nicht die Verwirklichung der mit dem AGG verfolgten Ziele beeinträchtige. Wenn der Arbeitgeber jeden Zugang zu den Informationen verweigert, die für die Darlegung einer Diskriminierung von Bedeutung sind, bewirkt diese Verweigerung, dass die Beweislast zulasten des Arbeitgebers umgekehrt wird.


Fundstelle:

EuGH, Urteil vom 19.04.2012, Rs. C-415/10