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Beiträge und Entscheidungen/ Haftpflichtrecht

Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Verletzung des rechtlichen Gehörs

Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Verletzung des rechtlichen Gehörs: Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof haben sich in insgesamt drei aktuellen Entscheidungen (BVerfG, Beschluss vom 06.03.2013 - 2 BvR 2918/12; BGH, Beschluss vom 10.07.2013 - IV ZR 88/11; BGH, Beschluss vom 31.07.2013 - VII ZR 11/12) mit dem grundrechtlich gesicherten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) befasst. In allen drei Fällen wurden Gehörsverletzungen bejaht, was nicht ohne Auswirkungen auf die Praxis der Tatsachengerichte bleiben wird.


Ansprechpartner: Dr. Georg Krafft, Partner

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner vorzitierten Entscheidung noch einmal klargestellt, dass der verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör grundsätzlich auch die Anhörung gerichtlicher Sachverständiger umfasst, wobei es auf die Frage, ob das Gericht selbst das Sachverständigengutachten für erklärungsbedürftig hält, nicht ankommt. Denn es ist Sache der Partei, dem Sachverständigen Fragen zu stellen, ihm Bedenken vorzutragen oder ihn um Erläuterung von Zweifelsfragen zu bitten. Übergeht das Gericht gar einen entsprechenden Antrag, liegt darin regelmäßig ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör, weil es damit seine eigenen Wertungen an die Stelle der Partei setzt.

 

Der BGH (Beschluss vom 10.07.2013 - IV ZR 88/11) hält fest, dass es zur Verpflichtung des Gerichts gehört, nicht nur das Vorbringen der Parteien zum Streitstoff, sondern auch den gesamten übrigen Akteninhalt einschließlich der darin dokumentierten gerichtsinternen Vorgänge, soweit diese für die rechtliche Beurteilung des Streitfalls von Bedeutung sind, zur Kenntnis zu nehmen und seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Genügt das Instanzgericht dieser Verpflichtung nicht, liegt darin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Die Instanzgerichte hatten die Vollendung der Verjährung bejaht, obwohl sich aus dem Akteninhalt ohne weiteres  ergab, dass die Forderung nicht verjährt war. Damit ist klar gestellt, dass der Beibringungsgrundsatz nicht uneingeschränkt gilt, sondern die Tatsachengerichte auch Umstände über den Parteivortrag hinaus berücksichtigen müssen.

 

In einer weiteren Entscheidung (Beschluss vom 31.07.2013 - VII ZR 11/12) hatte sich der BGH mit der Frage zu befassen, ob das Berufungsgericht den Streitstoff im Rahmen der Beweiswürdigung umfassend gewürdigt hatte. Das Tatsachengericht hatte sein Beweisergebnis im Urteil mit nur einem Halbsatz begründet. Dies ging dem BGH nun doch zu weit. Er führt aus, dass das Berufungsurteil nicht erkennen lasse, dass es die gegen das Beweisergebnis des Gerichts sprechenden Parteiwürdigungen und Aussagen verarbeitet habe. Daher nahm der BGH an, dass das Gericht die Ausführungen nicht zur Kenntnis genommen, jedenfalls aber nicht in Erwägung gezogen habe, was einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG begründe. 


Fundstelle:

BVerfG, Beschluss vom 06.03.2013 - 2 BvR 2918/12 = BeckRS 2013, 48286

BGH, Beschluss vom 10.07.2013 - IV ZR 88/11 = BeckRS 2013, 14785

BGH, Beschluss vom 31.07.2013 - VII ZR 11/12 = BeckRS 2013, 14243