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Beiträge und Entscheidungen/ Haftpflichtrecht

Keine Haftung des Vereins für Gefälligkeitsfahrten zu Sportveranstaltungen (BGH v. 23.7.2015 – III ZR 346/14)

Wenn minderjährige Mitglieder eines Amateursportvereins von ihren Familienangehörigen oder Angehörigen anderer Vereinsmitglieder zu Sportveranstaltungen gefahren werden, handelt es sich grundsätzlich – auch im Verhältnis zum Sportverein – um eine reine Gefälligkeit, die sich im außerrechtlichen Bereich abspielt, so dass Aufwendungsersatzansprüche gegen den Verein (hier: Ersatz eines Verkehrsunfallschadens) ausscheiden.

Ansprechpartner: Nicole Tassarek-Schröder

Die Enkelin der Klägerin spielte in der Mädchen-Fußballmannschaft des beklagten Vereins. Die Klägerin, die ihre Enkelin zu einem Turnier des Beklagten bringen wollte, verunfallte mit ihrem Pkw auf der Fahrt dorthin und zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu.

Der BGH stellte fest, dass es sich bei der Fahrt der Klägerin um eine reine Gefälligkeit gegenüber ihrer Enkelin beziehungsweise deren sorgeberechtigten Eltern handelt, die keinen Aufwendungsersatzanspruch für den erlittenen Schaden begründet. Der auf freiwilliger Grundlage erfolgte Transport der minderjährigen Spielerinnen zu auswärtigen Spielen war nach den tatrichterlichen Feststellungen Sache der Eltern beziehungsweise anderer Angehöriger oder Freunde. Die Klägerin selbst habe viele Fahrten durchgeführt und dafür nie etwas bekommen. Ein Rechtsbindungswille sei in diesem Fall zu verneinen. Auch habe keine besondere individuelle Aufklärungs- und Hinweispflicht des Beklagten bestanden, die Klägerin nochmals ausdrücklich auf die Beschränkung des Versicherungsschutzes auf Vereinsmitglieder aufmerksam zu machen.

Die Abgrenzung zwischen einem Auftrags- und einem Gefälligkeitsverhältnis hängt vom Rechtsbindungswillen ab. Maßgeblich ist insoweit, wie sich dem objektiven Beobachter nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf die Verkehrssitte – das Handeln des Leistenden darstellt. Eine vertragliche Bindung wird insbesondere dann zu bejahen sein, wenn erkennbar ist, dass für den Leistungsempfänger wesentliche Interessen wirtschaftlicher Art auf dem Spiel stehen und er sich auf die Leistungszusage verlässt oder wenn der Leistende an der Angelegenheit ein eigenes rechtliches oder wirtschaftliches Interesse hat. Ist dies hingegen nicht der Fall, kann dem Handeln der Beteiligten nur unter besonderen Umständen ein rechtlicher Bindungswillen zu Grunde gelegt werden. Ein Bindungswille wird deshalb in der Regel beim so genannten Gefälligkeitshandeln des täglichen Lebens, bei Zusagen im gesellschaftlichen Bereich oder bei Vorgängen, die diesen ähnlich sind, zu verneinen sein.

Vergleichbare Kriterien werden zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch für die Abgrenzung zwischen Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff. BGB und der (außerrechtlichen) Gefälligkeit ohne Auftrag herangezogen.


Fundstelle: NJW 2015, 2280