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Beiträge und Entscheidungen/ Haftpflichtrecht

Straßenreinigung ohne Auftrag (BGH vom 21.06.2012)

Der BGH hat sich im Urteil vom 21.06.2012 mit den Ansprüchen eines Reinigungsunternehmens befasst. Das Reinigungsunternehmen war von der Gemeinde mit der Reinigung der Straße beauftragt worden. Die Gemeinde hatte in diesem Zusammenhang den Vertrag mit dem Reinigungsunternehmen so ausgestaltet, dass sich der Unternehmer hinsichtlich seiner Vergütung nicht an die Gemeinde wenden kann, sondern unmittelbar an den Verursacher der Straßenverschmutzung halten muss.


Ansprechpartner: Eva-Maria Rönsberg, Fachanwältin für Verwaltungsrecht

Nach den Straßen- und Wegegesetzen mehrerer Länder (vgl. beispielsweise Art. 16 BayStrWG; § 15 HessStrG) hat derjenige, der eine Straße über das übliche Maß hinaus verunreinigt, die Verunreinigung ohne Aufforderung unverzüglich zu beseitigen. Aufgrund dieser neben der polizeilichen Reinigungspflicht der Gemeinde (vgl. Art. 9 BayStrWG; § 10 HessStrG) bestehenden gesetzlichen Reinigungspflicht des Verursachers vertrat das Straßenreinigungsunternehmen die Auffassung, dass es mit der Beseitigung der Verunreinigung (auch) ein Geschäft des beklagten Verursachers ausgeführt und daher einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den ihn habe.
Der III. Zivilsenat des BGH hat hierzu ausgeführt:
Beruht die Verpflichtung des Geschäftsführers auf einem wirksam geschlossenen Vertrag, der die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers und insbesondere die Entgeltfrage umfassend regelt, kann ein Dritter, dem das Geschäft auch zu Gute kommt, nicht auf Aufwendungsersatz wegen einer Geschäftsführung ohne Auftrag in Anspruch genommen werden (...). Den Rückgriff auf Aufwendungsersatzansprüche verwehrt in diesem Fall der aus der Parteiautonomie folgende Vorrang der vertraglichen Rechte gegenüber dem Ausgleich der aus der erbrachten Leistung resultierenden Vorteile Dritter, die außerhalb des Vertrags stehen.“
Der BGH räumt zwar ein, dass das Interesse der Kommune grundsätzlich darauf gerichtet ist, nicht selbst mit den Kosten der Reinigungsmaßnahme belastet zu werden. Wenn die Gemeinde jedoch einen Auftrag zur Reinigung einer Straße erteilt, dürfe sie nicht erwarten, dass der Auftragnehmer ihr gegenüber unentgeltlich tätig wird und bereit ist, sich wegen der Vergütung ausschließlich an den - möglicherweise unbekannten oder seine Verantwortlichkeit bestreitenden - Verursacher zu halten.
In rechtlicher Hinsicht führt das Urteil dazu, dass das Reinigungsunternehmen einen Anspruch auf Entgelt bzw. Aufwendungsersatz gegen die Gemeinde hat. Dem Interesse der Stadt, jedenfalls im Ergebnis nicht selbst mit den Kosten der Reinigung belastet zu werden, werde nach Auffassung des BGH hinreichend durch die landesgesetzliche Regelung Rechnung getragen, aufgrund deren die Kommune von dem Verursacher die Erstattung der ihr entstandenen Kosten verlangen kann (vgl. Art. 16 BayStrWG; § 15 HessStrG).
Die durch das soeben besprochene Urteil gezogenen Grenzen müssen die Gemeinden bei künftigen Vertragsgestaltungen berücksichtigen.


Fundstelle:

BGH, Urteil vom 21. Juni 2012 – III ZR 275/11