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Beiträge und Entscheidungen/ Medizinrecht

Berufsgericht: Arzt im Bereitschaftsdienst muss immer erreichbar sein

Ein Arzt, der zum Notdienst eingeteilt ist, muss auch tatsächlich und nicht nur telefonisch erreichbar sein.
Ansprechpartner: Christian Koller, Partner

In dem vom Verwaltungsgericht Gießen zu entscheidenden Fall ging es um einen Arzt, der seine Praxis im Erdgeschoss seines Wohnhauses betreibt. An einem Wochenende, an demn er zu Bereitschaftsdienst eingeteilt war, erhielt er zwischen 21 Uhr und 22 Uhr einen Anruf wonach es einer älteren Dame sehr schlecht gehe. Der Arzt bestellte die Frau für 23 Uhr in seine Praxis. Diese kam verspätet an. Trotz mehrfachen Klingelns wurde ihr nicht aufgemacht. Ihre Begleitperson fuhr sie sodann in das nächstgelegene Krankenhaus, wo sie an einem Herzinfarkt verstarb.

Das Berufsgericht veruteilte darauf hin den Arzt zu einer Geldbuße von € 3.000 und erteilte ihm einen Verweis.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass  ein Arzt während des Notdienstes alle Personen in ärztliche Obhut nehmen muss, die um ärztliche Hilfe nachsuchen. Der Arzt muss auch tatsächlich und nicht nur telefonisch erreichbar sein. Eine Fallgestaltung, nach welcher das Ansinnen um ärztlichen Beistand erkennbar überflüssig, unsinnig oder aus sonstigen Gründen für den Arzt nicht zumutbar wäre, habe hier ersichtlich nicht vorgelegen. Allerdings beinhalte diese Verpflichtung zur Leistung ärztlicher Fürsorge im Notdienst nicht, dass der Arzt auch tatsächlich eine Heilbehandlung durchführe. Er sei vielmehr lediglich verpflichtet, sein ärztliches Wissen/Können zur Prüfung des ihm vorgetragenen oder vor Augen geführten Leidens dergestalt einzusetzen, dass er entscheide, ob Behandlungsbedürftigkeit vorliege und, ggf., wie und vom wem die Behandlung durchgeführt werde.



Fundstelle: VG Gießen - Berufsgericht für Ärzte, Urt.v. 20.10.2010 - 21 K 3235/09
(nicht rechtskräftig)