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Beiträge und Entscheidungen/ Medizinrecht

BVerfG: Preisvergleich im Internet für zahnärztliche Leistungen erlaubt

Wie bereits kürzlich der BGH, entschied nun auch das Bundesverfassungsgericht, dass Internetplattformen, auf denen zahnärztliche Leistungen verglichen werden können, nicht berufswidrig sind.

Ansprechpartner: Christian Koller, Partner
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 08.12.2010 verstößt die im Rahmen eines solchen Internetangebots abgegebene unverbindliche Kostenschätzung ohne vorherige Untersuchung nicht gegen zahnärztliche Berufspflichten.

Gegenstand der Entscheidung war ein Internetportal, auf dem Patienten zur Kostenersparnis die Möglichkeit gegeben wird, für eine beabsichtigte zahnärztliche Behandlung Angebote verschiedener Zahnärzte einzuholen. Entscheidet sich der Patient für einen bestimmten Zahnarzt, erhalten beide Seiten wechselseitig die Kontaktdaten. Dem Nutzer steht es frei, ob er den ausgewählten Zahnarzt aufsucht oder nicht. Ein Nutzer dieses Portals wählte den beschwerdeführenden Zahnarzt nach dessen Kostenschätzung aus und erhielt seine Kontaktdaten.

Im Rahmen eines berufsrechtlichen Verfahrens wurde dem Zahnarzt darauf hin ein Verweis erteilt. Diesen Verweis hob das BVerfG nunmehr auf. Es sei nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG zu vereinbaren, dass das Gericht das Fehlen einer persönlichen Untersuchung des Patienten vor der Abgabe der Kostenschätzung als Verletzung einer Berufspflicht beurteile. Die Entwicklung eines Vertrauensverhältnisses werde durch die Nutzung der Internetplattform keineswegs ausgeschlossen, da, wenn der Patient sich für einen Zahnarzt entschieden habe, ohnehin eine persönliche Untersuchung erfolge, aufgrund der der Zahnarzt nunmehr einen verbindlichen Heil- und Kostenplan oder Kostenvoranschlag erstelle. Die Internetplattform stehe dem Patientenschutz nicht entgegen, sondern erleichtere letztlich für den Nutzer nur den Preisvergleich und die Kontaktanbahnung.

Weiter führt das Gericht aus, dass die Nutzung des Internets als solche nicht geeignet sei, Gemeinwohlbelange zu beeinträchtigen. Auf der als «virtueller Marktplatz» fungierenden Internetplattform möge zwar die Gefahr so genannter «Lockvogelangebote», also der Methode, Patienten mit besonders günstigen Angeboten in die Praxis zu locken, um ihnen gegenüber später lukrativere Leistungen abzurechnen, nicht auszuschließen sein. Dieses Vorgehen könne aber ohne konkrete Anhaltspunkte nicht als Regelfall unterstellt werden.
Ferner sei es auch nicht mit der verfassungsrechtlich garantierten Berufsfreiheit vereinbar, eine im Internet abgegebene Kostenschätzung generell als berufsrechtswidrige Werbung zu qualifizieren. Denn es sei nicht ersichtlich, dass eine derartige Nutzung des Internets zu einer Verunsicherung der Patienten und einem allgemeinen Vertrauensverlust gegenüber den Zahnärzten führen könnte. Aufgrund der deutlichen Hinweise auf der Eingangsseite des Portals und in dessen allgemeinen Geschäftsbedingungen sei den Nutzern der Internetplattform bekannt, dass die Schätzung unverbindlich sei und eine bindende Kostenaufstellung erst nach einer persönlichen Untersuchung abgegeben werden könne.




Fundstelle: BVerfG, Beschluss vom 08.12.2010 - 1 BvR 1287/08