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Beiträge und Entscheidungen/ Medizinrecht

Dürfen Rechtsanwälte mit Ärzten und Apothekern kooperieren? (BVerfG v. 12.01.2016 - 1 BvL 6/13)

Das Bundesverfassungsgericht hat nach Vorlage des Bundesgerichtshofs die Regelung in der Bundesrechtsanwaltsordnung für verfassungswidrig erklärt, soweit sie Rechtsanwälten verbietet, sich mit Ärzten und Apothekern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in einer Partnerschaftsgesellschaft zu verbinden (§ 59a Abs. 1 Satz 1 BRO).


Ansprechpartner: Christian Koller, Partner
Weder die Belange der anwaltlichen und damit auch ärztlichen Schweigepflicht würden ein solches Verbot rechtfertigen noch die Sicherung der anwaltlichen Unabhängigkeit. Die Schweigepflicht ist insbesondere durch die strafrechtlichen und berufsrechtlichen Normen beider Berufsgruppem ausreichend geschützt. Weiter führt das Verfassungsgericht aus, dass gerade das grundlegend andere Tätigkeitsfeld der Ärzte und Apotheker eher dafür spricht, dass diese schon wegen ihrer beruflichen Distanz zu rechtlichen Fragestellungen die Unabhängigkeit des anwaltlichen Partners stärker respektieren werden.

Hintergrund des Verfahrens war folgender: Ein Rechtsanwalt und eine Ärztin und Apothekerin gründeten eine Partnerschaftsgesellschaft nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG). Sie firmierten unter dem Namen "RA A. und Ärztin/Apothekerin B. – interprofessionelle Partnerschaft für das Recht des Arztes und des Apothekers". Im Gesellschaftsvertrag wurde festgelegt, dass die Ärztin keine Heilkunde am Menschen ausüben und keine Apotheke betreiben, sondern nur beratend tätig sein sollte.

Gerade für Kanzleien, die ausschließlich oder überwiegend Patienten in Arzthaftungsfragen vertreten, könnte dieses Modell interessant sein. Diese Anwälte sind für eine optimale Vertretung von Patienten auf externe medizinsche Expertise angewiesen. Nun können beratende Ärzte besser eingebunden werden. Aber auch für größere medizinische Einheiten (wie z.B. MVZ oder BAGs) kann die Implementierung eines Rechtsanwalts als eigene Rechtsabteilung denkbar sein, ohne dass der Anwalt seine eigene Kanzlei aufgeben muss.

Letztlich bleibt aber abzuwarten, wie der Gesetzgeber auf die Entscheidung reagiert. Denkbar ist eine Neuregelung, die eine Kooperation nur unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig erachtet.  

Fundstelle: BVerfG v. 12.01.2016 - 1 BvL 6/13 = www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2016/01/ls20160112_1bvl000613.html