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Beiträge und Entscheidungen/ Medizinrecht

BGH: strenge Voraussetzungen für Zwangsmedikation

Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Beschlus fest, dass Zwangsmedikation nur das allerletzte MIttle sein kann. Verweigert ein Patient Tabletten, so bedeutet dies nicht automatisch, dass er auch Spritzen ablehnen würde.

Ansprechpartner: Christian Koller, Partner
Der betroffene Patient leidet leidet seit 1992 an einer hebephrenen Schizophrenie. Er steht unter Betreuung und befand sich bereits über fünfundzwanzigmal in stationärer Behandlung. Nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens merließ das zuständige Amtsgericht einen Beschluss, wonach dem Betroffenen die Medikation auch durch Depotspritze gegen seinen Willen durch einen Arzt verabreicht werden dürfe.

Dem ist der BGH nun entgegengetreten.

Danach stellt die Zwangsmedikation einen schweren Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen dar. Sie gestattet die Ausübung von Gewalt gegen den Betroffenen, z.B. seine Fixierung. Die Genehmigung ist deshalb nur zulässig, wenn die Zwangsmedikation erforderlich und angemessenist. Ob dies der Fall ist, bedarf im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs einer besonders sorgfältigen Prüfung.

Vorliegend  sei dies nicht der Fall gewesen. Allein die Tatsache, dass der Patient in der Vergangenheit nicht bereit gewesen wäre, die ihm bei der ambulanten Behandlung gegebenen Medikamente oral einzunehmen, könne nicht geschlossen werden, dass er die Verabreichung von Medikamenten auch durch Spritzen regelmäßig verweigere. Nur wenn weitere Umstände vorliegen, aus denen sich eine solche Verweigerungshaltung des Patienten ergeben könnten, wäre eine Zwangsmedikation gestattet gewesen. Ein Vorratsbeschluss , so der BGH wörtlich, für den Fall, dass der Patient sich gegen die Verabreichung von Medikamenten durch Spritzen wehren wird, ist im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs unzulässig.



Fundstelle: BGH, Beschl. v. 22.09.2010 - XII ZB 135/10